TEXT: INGO JUKNAT
Endlich wächst zusammen, was zusammengehört: Bryan Adams und Kraftwerk. Zumindest im Museum, das NRW-Forum macht’s möglich. Wer gehofft hatte, dass Adams ein paar Gastsoli für »Trans-Europa-Express« oder »Das Model« beisteuert, wird leider enttäuscht. In Wirklichkeit zeigt er im NRW-Forum Fotografien. Seine Ausstellung folgt auf eine Kraftwerk-Retrospektive. Sie dokumentiert die Karriere der Düsseldorfer Band. 20 Jahre lang hat der Fotograf Peter Boettcher die einflussreichste deutsche Popgruppe aller Zeiten begleitet. Die besten Motive sind in der Schau »Kraftwerk – Roboter« zu sehen.
Die Ausstellung ist nur ein kleiner Teil der großangelegten Rückkehr von Kraftwerk in ihre Heimatstadt Düsseldorf. Acht »3D-Konzerte« mit aufwendigen Projektionen gibt die Band Mitte Januar in der Kunstsammlung NRW. Es sind Live-Versionen des Bandkatalogs, von »Autobahn« (1974) bis »Tour de France« (2003). Jedes Konzert – ein Album. Es ist nicht die erste Ausgabe dieser Werkschau. Anfang 2012 gastierten Kraftwerk mit dem Konzept im New Yorker MoMA. Sämtliche Shows waren ausverkauft, auf dem Schwarzmarkt kosteten Tickets bis zu 2000 Dollar. In Düsseldorf hat der gleiche Run eingesetzt. Die Karten für alle acht Konzerte waren binnen Minuten verkauft. Wen wundert’s? Immerhin hat die Band seit 22 Jahren nicht mehr in ihrer Heimat gespielt. Wahrscheinlich kam der Rolling-Stones-Effekt hinzu: Wer weiß, ob sie noch mal wiederkommen…
Gründungsmitglied Ralf Hütter ist 66 Jahre alt, der Rest der Belegschaft – Karl Bartos, Wolfgang Flür, Florian Schneider – hat inzwischen aufgehört oder wurde ausgewechselt. Vor dem Hintergrund fällt es ein wenig schwer, die acht Shows in Düsseldorf als vollwertige Kraftwerk-Konzerte zu sehen. Andererseits spielt die Band seit jeher mit dem Roboter-Image und der Austauschbarkeit von Mensch und Maschine. Die Gesichter der Band blieben immer seltsam diffus. Zumindest zuhause. Hütter und Schneider werden in Tokioter Sushi-Bars eher erkannt als im Düsseldorfer Plattenladen.
Dass Kraftwerk in der Kunstsammlung spielen, hat Symbolwert. Anfang der 1970er trat die Band eine Revolution los mit ihrem Maschinensound. Erstmal entstand Pop aus Deutschland, der sich nicht an angloamerikanischen Vorbildern orientierte. Stattdessen beeinflusste die »elektronisch erzeugte Volksmusik aus dem Rhein-Ruhrgebiet« (Hütter) maßgeblich den Techno, in geringerem Maße auch HipHop und Funk. Die von der Band beschworene Computerwelt, sie ist inzwischen Realität. Die Zukunft ist im Museum angekommen.
»Kraftwerk – Roboter. Fotografien von Peter Boettcher«, ab 11. Januar 2013, NRW-Forum, Düsseldorf
Kraftwerk: »Der Katalog – 1 2 3 4 5 6 7 8«, 11.-13., 16.-20. Januar 2013, Kunstsammlung NRW, Düsseldorf