Er selbst nannte sie »Sehtexte«. Ferdinand Kriwet (1942-2018) legte kreisförmige Schriftstücke an, auf denen er etwa Stationen einer »aufgerollten Reise« arrangierte –Städtenamen bruchlos ineinander gefügt und komponiert. Das Ergebnis: eine Mischung aus plakativem Lesen und Entziffern. Das passte gut zur Arbeit des Schriftstellers und Mixed-Media-Künstlers, der sich nie in klassische Gattungen einordnen ließ. »Auch wende ich mich entschieden gegen die Institutionalisierung des Buches als der einzig rechtmäßigen Heimstatt von Poesie.« Diesen Satz sagte Kriwet 1965. Nun wird im Kulturgut Haus Nottbeck in Oelde eine erste Einzelausstellung nach seinem Tod im Dezember 2018 gezeigt.
Das Museum für Westfälische Literatur bringt dafür etwa alle Publikationen des 1942 in Düsseldorf geborenen Autors zusammen, von seinem im Alter von 19 Jahren bei DuMont in Köln veröffentlichten »ROTOR« bis zum letzten Buch »RUM WIE NUM«, posthum im Verlag Tino Graß erschienen. Zum anderen sollen großformatige Textarbeiten im Außenbereich des Kulturguts, aber auch audiovisuelle Arbeiten einen Einblick in die Vielfalt von Kriwets Schaffen geben. Als Pionier der Medienkunst hatte er Originalton-Collagen (etwa für den WDR) produziert, aus den Bild-, Film- und Tondokumenten der amerikanischen Berichterstattung über die Mondlandung 1969 entstanden der Hörtext und das Buch »Apollo Amerika« sowie der Film »Apollovision«. Die Gestaltung des Landeswappens für den Landtag in Düsseldorf 1988 war Kriwets letzte größere architekturbezogene Auftragsarbeit. 2011 widmete ihm die Kunsthalle Düsseldorf unter dem Titel »YesterʼnʼToday« eine umfangreiche Retrospektive (unsere Besprechung der damaligen Ausstellung finden Sie hier). Die Präsentation im Haus Nottbeck ist nur der erste Teil: Ab März 2021 wird sich das Düsseldorfer Heinrich-Heine-Institut mit Kriwets Wirken im Kontext der Düsseldorfer Szene in den 1960er und 1970er Jahren beschäftigen.
bis 10. April 2021