Solo, Duo, Trio – viele Jahre genügte es Michael Wollny, alleine, zu zweit oder zu dritt, Platten zu produzieren und Konzerte zu spielen. In der Edition »Piano Works« des Münchener Jazzlabels ACT Music erschien 2007 sein Solodebüt »Hexentanz«. Die Kompositionen darauf nannte der Grenzgänger für viele – vor allem die Puristen – überraschend »Gothic Music«. Inspirieren ließ er sich dafür von Musik (Franz Schubert wie Steve Reich), Literatur (Mary Shelleys »Frankenstein«) und Film (Werner Herzog und David Lynch). Für einen farbenreichen wie stimmungsvollen Klangkosmos, fein und fragil einer-, dringlich und dynamisch andererseits. Mit dem Saxophonisten Heinz Sauer gelangen ihm traumwandlerisch sichere Improvisationen auf der Basis eines fast blinden Verständnisses. Und dank seiner kongenialen Mitstreiter schaffte es Wollny mit Eva Kruse (Kontrabass) und Eric Schaefer (Schlagzeug) unter dem Kürzel [em] auch, in der inflationär angewachsenen Konkurrenz der Pianotrios als singulär und originär wahrgenommen zu werden.
»Ehrlich gesagt, habe ich das Format Pianotrio immer als Herausforderung verstanden, als eine ganz klare Form aus drei Instrumenten, die trotzdem unendliche Möglichkeiten bietet«, fasste Wollny sein Faible einmal recht nüchtern in Worte. Die Feuilletons fabulierten weit blumiger von »Sensation« und »Sternstunde der improvisierten Musik«. Plötzlich wurde deutscher Jazz wieder weltweit wahrgenommen. Dabei hatte Wollny nie einen Hehl daraus gemacht, dass er immer nur an dem arbeiten wollte, was ihn persönlich interessierte. »Ich habe Jazz immer eher als eine Haltung denn eine Stilistik empfunden: Immer nach den eigenen ästhetischen Regeln arbeiten, sich im Moment bewegen, Unschärfe zulassen, all das«, beschrieb der gebürtige Schweinfurter einmal seine Auslegung. Den »Punk im Jazz« entdecken, mit Ecken und Kanten, das wurde Wollny als markanteste Aussage zugeschrieben. »Das ist natürlich ein markiger Slogan, zu dem ich im Kern aber nach wie vor stehe: wir wollen uns nicht vorschreiben lassen, wie ,Jazz’ oder wie ein ,Klaviertrio’ zu klingen hat. Wir machen unsere Musik, so wie wir das für richtig halten.« Seit [em] Geschichte ist, haben Wollny und Schaefer mit wechselnden Bassisten ihre Triovision fortgeführt. Aktuell mit dem Schweizer Christian Weber. Als Gast kommt bei der »Zeitinsel« noch der Franzose Vincent Peirani dazu. Mit dem Akkordeon-Virtuosen präsentierte er zuletzt das gemeinsame, feingeistige Album »Tandem«.
In dem Maße, in dem Wollnys Ausbeute an Preisen, darunter mehrfach der ECHO Jazz, wuchs, umso größer wurde auch die Aufmerksamkeit, die er erfuhr. Die fand mehr und mehr in unterschiedlichsten Kooperationen ihren Ausdruck. Neben der Arbeit mit weiteren Bläsern wie dem Posaunisten Nils Landgren oder dem Saxophonisten Marius Neset, suchte Wollny auch den Austausch mit Tastenkollegen. Mit der israelischen Cembalistin Tamar Halperin lud er 2009 erstmals in die Wunderkammer ein und definierte in seinem kuriosen Klangkabinett Kammermusik ganz neu. »Als ich die Platte plante, war es schon mein Anliegen, mit diesen Instrumenten – neben Flügel und Cembalo noch Celesta, Harmonium und ein Fender Rhodes – etwas zu finden, was ich in dieser Kombination noch nicht gehört hatte«, erklärte Wollny diese beispiellose Versuchsanordnung. Dabei scheute er sich anfangs, auszuplaudern, dass (…)
Den vollständigen Artikel lesen Sie in der gedruckten Ausgabe von k.west
Michael Wollny »Zeitinsel«, mit Konstantin Gropper, Det Norske Blåseensemble u.a., 5.-7. Mai, Konzerthaus Dortmund, www.konzerthaus-dortmund.de