Sabine Cramer ist seit 2013 die verlegerische Geschäftsführerin des DuMont Buchverlags in Köln und seit August neues Vorstandsmitglied des Vereins, der das Literaturhaus Köln betreibt.
»Wir denken immer, der Fokus des Literaturbetriebs liegt auf Berlin. Aber das bevölkerungsreichste Bundesland ist NRW und deshalb kommen viele Autorinnen und Autoren von hier. Vielleicht gibt es sowieso nicht mehr diesen starken Sog nach Berlin. Und ich sehe auch nicht, dass wir hier in Köln an der Peripherie wären, was die Literatur angeht. Unser Verlag arbeitet nicht ohne Grund von hier aus sehr international. München oder Berlin sind sicher größere Verlagsstandorte – aber mit Kiepenheuer & Witsch, der ein absoluter Leuchtturm der Branche ist, und uns sind zwei der erfolgreichsten Verlage in Deutschland hier in NRW.
Ich bin keine große Lokalpatriotin. Ich bin in Franken aufgewachsen, war zum Studium unter anderem in Bamberg, Berlin und Sevilla, zwischendrin auch nochmal in München bei einem Verlag. Wichtiger, als von wo aus man arbeitet, ist, dass die Themen in der Literatur vielfältig bleiben. Wir brauchen möglichst diverse Autoren aus allen Ecken des deutschsprachigen Bereichs – junge, ältere, Frauen, Männer, non-binäre Menschen. Damit wir möglichst viele Lebenswelten repräsentieren, Leserinnen und Lesern Welten eröffnen. Ich habe mich sehr über Kim de l’Horizons »Blutbuch« gefreut, nicht nur über die vielen Literaturpreise, sondern auch darüber, wie unterschiedlich die Leute waren, die an unserem Buchmessestand darin gelesen haben. Das war nicht nur die queere Bubble. Köln und mittlerweile auch das Ruhrgebiet haben mit der Lit.Cologne und ihren Ablegern tolle Literatur-Festivals. Das sind allerdings kommerzielle Unternehmungen: Die Veranstaltungen werden auch durch Prominente attraktiv, die Leute bezahlen hohe Eintrittspreise. Vieles ist ausverkauft, das funktioniert erfreulicherweise sehr gut. Das ist aber etwas anderes als ein kontinuierlich arbeitendes Literaturhaus, das sehr viel geringere Eintrittspreise hat und neben Veranstaltungen auch einen Raum der Begegnung schaffen kann. Es gibt in Köln ein Literaturhaus und ich würde mir wünschen, dass es finanziell, personell und räumlich besser ausgestattet wäre. Transparenz-Hinweis: Ich bin dort seit kurzem im Vorstand. Wenn ich mir die Literaturhäuser in München oder Hamburg anschaue – das ist eine ganz andere Liga. Ich denke, in der größten Stadt NRWs, einer Millionenstadt, wäre es schön, wenn es noch ein Angebot neben den Festivals gäbe, das auch groß und prominent ist. Aber ich weiß auch um die Komplexität solcher Entscheidungen.
Aufgezeichnet von Max Florian Kühlem