Eva Birkenstock kam vom Düsseldorfer Kunstverein nach Aachen. Die ersten 100 Tage hat die 43-Jährige jetzt hinter sich als Museumsdirektorin im Ludwig Forum für Internationale Kunst – für sie ein ganz besonderer Ort. Schließlich sei es sozusagen das Mutterhaus jener global relevanten Museumsfamilie, die auf das Aachener Sammlerpaar Peter und Irene Ludwig zurückgehe, so Birkenstock. Und es trage seit 1991 einen Namen, der seine damals erstaunlich fortschrittliche Ausrichtung beschreibe: »Das Museum als Forum, als Ort des Dialogs, der offenen Teilhabe, als Kunstinstitut, aufgeschlossen für spartenübergreifende Kooperationen.« Die neue Direktorin spricht lauter heute topaktuelle Gedanken an, die sich auch in der Architektur und Anlage des in einer alten Schirmfabrik heimischen Museums widerspiegeln. »Das Zentrum der Haupthalle bildet entsprechend eine Art Agora als Ort der Versammlung, weitere Bühnen gibt es mit dem Space oder im Garten.«
Birkenstock, die zuvor unter anderem am Kunstverein in Hamburg, in der Halle für Kunst in Lüneburg und am Museum in Bregenz tätig war, will in ihrer ersten Ausstellung für Aachen ab März Rosemary Mayer (1943-2014) ins Haus holen. Die US-Künstlerin hatte nach Anfängen in der konzeptuellen Malerei und Zeichnungen zu Beginn der 1970er Jahre bemerkenswerte Textilskulpturen geschaffen, war damit aber kaum bekannt geworden. Es gehe ihr darum, so Birkenstock, die Vielfalt der Kunstgeschichten, und damit auch Positionen jenseits des Kanons westlich geprägter Kunstgeschichten zu präsentieren. Genau dafür findet die Kunsthistorikerin in der »unglaublich beeindruckenden Sammlung Ludwig« viele Anknüpfungspunkte. Auch weil das namensgebende Aachener Paar schon sehr früh in Lateinamerika, in China und auch hinter dem Eisernen Vorhang in Osteuropa Kunst gekauft hat. Die Sammlung ist für die Neue am Ludwig Forum Dreh- und Angelpunkt aller Aktivitäten: »Hier finden sich fraglos unendlich viele Diskurse, Perspektiven und Arbeitsweisen« Noch für dieses Jahr plant Birkenstock eine große Einzelausstellung mit einer in der Ludwig-Sammlung vertretenen Künstlerin aus Kuba.
Kathrin Bentele hat den Kunstverein Düsseldorf übernommen
Das Kunsthaus Glarus, der Artist Space in New York, die Kunstwerke Berlin – überall hat sie sich mit junger und zeitgenössischer Kunst beschäftigt. Die vierte Station in Kathrin Benteles bewegter Karriere heißt nun Düsseldorf. Seit Oktober leitet die 35-jährige Schweizerin den Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen. Das eingespielte kleine Team dort habe ihr den Einstieg leicht gemacht. Aktuell steckt man dort gemeinsam mitten in den Vorbereitungen zu Benteles erster Ausstellung für Düsseldorf: Unter dem Titel »Closer« wird sie die Film- oder Videoarbeiten von sechs zeitgenössischen Künstler*innen zusammenbringen. »In diesen Zeiten der Pandemie sind Kontakte sehr stark geprägt von digitaler Videotechnologie«, so Bentele. Ihre Schau nun lenkt den Blick auf die Kamera als Medium zwischenmenschlicher Begegnung und auf das zweifelhafte Versprechen von Nähe, das damit verbunden sei. Es gehe darum, die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen dieser mediatisierten Form des Miteinanders offenzulegen. Das bewegte Bild liegt ihr offenbar besonders. So plant Bentele in Düsseldorf etwa ein neues Format, in dem sie filmische Arbeiten von Studierenden der Kunstakademie vorstellen will. An ihre Vorgängerin Eva Birkenstock anknüpfend, möchte sie junge Künstler*innen überdies fördern, indem sie ihnen im Kunstverein erste institutionelle Einzelausstellungen ausrichtet. Mit ihren Plänen und Projekten fühlt sich Bentele in Düsseldorf nun genau am rechten Ort: die Dichte der Kunst-Institutionen im Rheinland, das gut informierte Publikum und dessen Bereitschaft sich zu engagieren – nicht zuletzt auch finanziell.
Antje-Britt Mählmann leitet das Museum Schloss Moyland
Endlich! Das kann man wohl sagen mit Blick nach Bedburg-Hau – auf das schöne Anwesen zwischen Kleve und Kalkar, wo seit 1997 die riesige Beuys-Sammlung der Brüder van der Grinten zu Hause ist. Über drei Jahre lang stand das Museum Schloss Moyland ohne Direktor*in da. Nun ist sie gefunden: Antje-Britt Mählmann, Anfang 40 und promovierte Kunsthistorikerin, übernimmt sie zum 1. April den sicher nicht ganz einfachen Job. Schuld an vielen Problemen war in der Vergangenheit immer wieder die Konstruktion der Stiftung Schloss Moyland, in der auch die van der Grintens als Sammler gleichberechtigt mitreden können und den Museumsleuten auf Moyland die Arbeit oft nicht leicht gemacht haben. Mählmann nun geht die Sache guten Mutes an, setzt auf positive Energie im Team und auf »neue Formen der Kommunikation«. Zuletzt hat die Kunsthistorikerin die Kunsthalle St. Annen in Lübeck geleitet und davor als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Kunsthalle Emden gewirkt. Was zieht sie nun an den Niederrhein?
Es reizt das Ensemble aus Schloss, Ausstellungshalle und Park: »Ausstellungs- und Erlebnisräume, die man bespielen und gestalten kann; das finde ich spannend.« Und natürlich die wirklich große Sammlung, mit der sie arbeiten und neue Wege gehen wolle. Was das Programm angeht, so strebt Mählmann mehr Diversität als bisher an: Frauen, queere Künstler*innen, Positionen aus dem globalen Süden, sie alle sollen künftig größeres Gewicht bekommen. Auch plant sie Fotografie, Performance mehr zu berücksichtigen. Ins eher abgelegene Schloss will Mählmann Besucher*innen locken mit einem Mix: Neben kleinere Präsentationen mit experimentellen zeitgenössischen und regionalen Positionen soll es auch wirklich große publikumswirksame Ausstellungen geben. Dabei hat die Museumsfrau es nicht zuletzt auf Gäste aus den nahen Niederlanden abgesehen, die sie künftig stärker ansprechen möchte.
Roland Nachtigäller zieht es auf die Insel Hombroich
Eine klare Ansage: Wegen »deutlich unterschiedlicher Vorstellungen zu den finanziellen und programmatischen Perspektiven nach dem Ende der Pandemie-bedingten Einschränkungen« wollte die Stadt den Ende 2021 auslaufenden Vertrag mit ihrem Museumsdirektor nicht verlängern. Das war bedauerlich für Herford, wo Roland Nachtigäller fast 13 Jahre lang gute Arbeit geleistet hat. Ihm selbst dürfte der Abschied aus Westfalen indes kaum schwer fallen. Denn Nachtigäller ist quasi im fliegenden Wechsel auf einem attraktiven Posten auf der Insel Hombroich gelandet und wird sich künftig als Geschäftsführer darum kümmern, den 64 Hektar großen ganz und gar außergewöhnlichen Landschafts- und Kulturraum mit Atelier-, Wohn-, Archiv- und Ausstellungsräumen fortzuentwickeln. Der Düsseldorfer Kunstmäzen Karl-Heinrich Müller hatte das Gelände Anfang der 80er erworben, um es zu einem Naturraum im Dialog mit seiner eigenen Sammlung und den Architekturen des Bildhauers Erwin Heerich umgestalten zu lassen. Ein »radikal gedachtes Projekt«, von dem der 61-Jährige, wie er sagt, schon als Student fasziniert gewesen sei.
Nach dem Studium der Kunst, der Visuellen Kommunikation, der Germanistik und Medienpädagogik hatte er als wissenschaftlicher Assistent am Museum Fridericianum angefangen, wurde 1991 dann in das Leitungsteam der documenta 9 berufen, übernahm 2003 den Direktorensessel der Städtischen Galerie Nordhorn und wechselte fünf Jahre später nach Herford ans Marta. Auf der neuen Stelle in Hombroich will sich Nachtigäller darum bemühen, »diesem einzigartigen Projekt zwischen den Künsten, der Natur, Wissenschaft und Architektur eine neue Sichtbarkeit zu verschaffen«. Es werde darum gehen, »den Geist dieses Ortes ebenso wie seine Gebäude und Sammlungen zu erhalten«. Archive und Nachlässe, so Nachtigällers Wunsch, sollen mit zeitgenössischen Impulsen neue Funken sprühen.
Kathleen Rahn wird Direktorin im Marta Herford
Goodbye and Hello. Die neue im Marta heißt Kathleen Rahn. Nach 20 erfolgreichen Jahren an den Kunstvereinen in Nürnberg, Düsseldorf und zuletzt in Hannover fängt sie diesen Februar in Herford an und freut sich auf die – für sie neue – Arbeit mit einer eigenen Sammlung. Und auch auf den schwungvollen Museumsbau von Frank O. Gehry. Im Marta möchte die 1973 in Wesel geborene Kunsthistorikerin den bei der Konzeption des Museums angelegten Grundgedanken der Verknüpfung von Kunst, Architektur und Design wieder mehr in den Fokus holen. Das grenzüberschreitende Denken aus der Kunst heraus in benachbarte Bereiche habe sie schon immer interessiert, sagt Rahn.