Wohin anders als nach Süden sollte es gehen, wenn man die Tage mit kollektiven Abhängen im Hinterhof eines Penny-Marktes im Ruhrgebiet verbringt? So gibt dann der Titel von Sarah Jägers Jugendroman auch die Richtung für Marie, Can und Lena vor – »Nach vorn, nach Süden«. Bisher hat ihnen das Leben nicht viel geschenkt, und nun ist auch noch Jo verschwunden. Die Drei machen sich auf die Suche – der Beginn eines literarischen Roadmovies über Münster, Süddeutschland bis zur Nordsee.
Jägers Debüt »Nach vorn, nach Süden« ist eines von fünf Büchern, die auf der Shortlist des diesjährigen Literaturpreises Ruhr stehen. Ein Preis mit Tradition – seit 1986 wird er jährlich vom Regionalverband Ruhr vergeben und vom Literaturbüro Ruhr organisatorisch und konzeptionell betreut. Mit ihm werden sowohl Schriftsteller*innen für ihre Werke ausgezeichnet, die im Revier leben, als auch Autor*innen von außerhalb, die über die Region schreiben. Der Hauptpreis ist mit 15.000 Euro dotiert, der Förderpreis mit 5000 Euro; zudem wird ein Ehrenpreis verliehen.
Neben Sarah Jäger zählt auch Volker Jarck mit seinem Roman »Sieben Richtige« zu den Nominierten. Der ehemalige Lektor erzählt von verschiedenen Charakteren und deren Lebensbrüchen, verortet zwischen Bochum, Köln und Boston. Ein Umzugswagen, der nicht an sein Ziel kommt, eine traurige Email – nur ein paar Sekunden verändern die sich kreuzenden Lebenswege von Victor, Greta, Eva und den anderen.
»Identitti« der Düsseldorfer Autorin und Kulturwissenschaftlerin Mithu Sanyal ist ein Campus-Roman aus Europas dichtester Universitätslandschaft an Ruhr und Rhein. Das Buch beschäftigt sich witzig und rasant mit den aktuellen Diskussionsthemen wie Herkunft, Hautfarbe, Klasse, Geschlecht, Religion und Bildung. »Identitti« steht in diesem Herbst direkt auf zwei Shortlists – neben dem Literaturpreis Ruhr ist es auch auf der Liste des Deutschen Buchpreises 2021 zu finden.
Gala im Ruhrfestspielhaus Recklinghausen
Karosh Taha ist mit ihrem zweiten Roman »Im Bauch der Königin« vertreten. Ihr Debüt »Beschreibung einer Krabbenwanderung« von 2018 erhielt bereits Preise und Stipendien. Taha wurde 1987 im Irak geboren und lebt seit 1997 im Ruhrgebiet, ihr aktuelles Buch ist ein Wenderoman über junge Menschen aus Einwandererfamilien im Revier, dessen zwei Erzählstimmen man von beiden Seiten lesen kann. Etwas aus der Reihe fällt Stefan Thobens »Ein Traum in bunt«, eine Mischung aus Reportage, Tagebuch und Bildband. Thoben war mit dem Rennrad unterwegs, hat die Gegend aus ungewöhnlichen und teils grafischen Blickwinkeln fotografiert, schreibt über Wolfgang Welt, Bergschäden in Wattenscheid, den Strukturwandel, besucht den 80-jährigen »Taubenkönig von Eisenheim« und zeigt das Revier abseits der Sehenswürdigkeiten.
Wer in diesem Jahr die Preisträger*innen sind, wissen wir spätestens am 28. Oktober. Dann wird der Literaturpreis Ruhr mit einer Gala im Ruhrfestspielhaus Recklinghausen verliehen – moderiert von Peter Großmann und musikalisch begleitet von der Poetry Slammerin Aylin Celik.