Irgendwie kurios: Zwar zählt Leonardo da Vinci (1452–1519) zu den berühmtesten Malern der Kunstgeschichte. Doch werden dem italienischen Renaissance-Meister heute lediglich rund 15 Gemälde als sicher eigenhändige Schöpfungen zugeschrieben. Darunter die »Mona Lisa« mit ihrem legendären Lächeln, das Wandbild mit dem Letzten Abendmahl im Mailänder Kloster Santa Maria delle Grazie sowie die zauberhafte Felsgrottenmadonna, von der sich in Paris und London zwei Versionen erhalten haben.
Beweist dieser schmale Fundus an eigenhändigen Bildern, dass Leonardo Zeit seines langen Lebens eine ruhige Kugel schob? Keineswegs. Tatsächlich war das Gegenteil der Fall: Der »uomo universale«, wie man den Vielseitigen schon im 16. Jahrhundert nannte, zeichnete sich aus durch immense Produktivität und unerschöpflichen Erfindungsreichtum. Und das beileibe nicht nur auf dem Feld der Malerei. Bildhauer, Architekt, Ingenieur, Anatom und Naturphilosoph – Leonardo brillierte in vielen Rollen. Den Beweis liefern seine vor Ideen strotzenden Skizzenbücher.
Diesen Ideenreichtum übersetzt die Projektionsshow »Leonardo da Vinci – uomo universale« nun in eine technisch hochgerüstete Erlebniswelt. Immersive Ausstellungen wie die in Wuppertal haben mittlerweile Hochkonjunktur, weil ihre Ästhetik der Überwältigung viele Menschen in den Bann schlägt. Das gilt um so mehr für Leonardo, der seit der Renaissance als vollendete Verkörperung des Genies gefeiert wird. Seine künstlerischen, wissenschaftlichen und technischen Innovationen hätten »bis heute nichts von ihrer Faszination und Gültigkeit verloren«, sagt Christian Höher, Kurator der Multimediashow im Visiodrom.
6500 Quadratmeter, 33 Projektoren
Die mehr als 6500 Quadratmeter große Projektionsfläche des Wuppertaler Gaskessels hat Christian Höher in 18 Stationen untergliedert. In dem monumentalen Gasscheibenbehälter, der seit 1998 unter Denkmalschutz steht, sorgen 33 Hochleistungsprojektoren dafür, dass uns kein Detail von Leonardos Welt entgeht. Die Schau erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sei dafür aber umso genauer, wenn es um Einzelheiten und Tatbestände gehe, erläutert Christian Höher.
Davon profitiert auch die vorgelagerte Ausstellung im Erdgeschoss des Gaskessels. Was man immer schon wissen wollte über Leben und Werk des Universalgelehrten – hier wird es kurz und bündig dargelegt. Modelle des Projekts »Bewegende Erfindungen« der Hochschule Bielefeld sowie Faksimiles mit Skizzen und Schriften bringen uns eine Persönlichkeit näher, der es offenbar an schöpferischen Einfällen nie gemangelt hat. Ein charmanter Clou der Visiodrom-Ausstellung: Hier wird man durch die Mona Lisa höchstpersönlich begrüßt. Im Louvre, wo das Original hängt, ist sie dagegen stets schweigsam.
»Leonardo da Vinci – uomo universale«
Visiodrom Wuppertal, bis 28. Juli