Was haben indonesischer Doom-Metal und experimentelle Piano-Ambient-Musik gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht viel und trotzdem zeigen beide Konzerte der Reihe M in Köln die Bandbreite und musikalische Offenheit des Veranstaltungsformats, das seit 2009 in unterschiedlichen Spielstätten gastiert. Dabei ist es weniger das Genre, was die Konzerte ausmacht, sondern eher die Haltung, Neues zu entdecken und die eigenen Hörgewohnheiten zu verändern.
Die Konzerte im Mai sind dafür zwei Beispiele: Reinier van Houdt ist vielen als Pianist und Keyboarder der britischen Band Current 93 bekannt, die durch ihre unkonventionellen Kompositionen und Herangehensweisen die frühen Anfänge der Industrial-Musik wesentlich mitprägte. Wer jetzt nun aber unsanft bearbeitete Klaviere und Lärm-Kaskaden erwartet, liegt falsch. Seine Solo-Kompositionen sind bedächtig, fragil und tastend. Schon früh hatte er begonnen, sich für Tape-Rekorder, Radios und diverse Streichinstrumente zu interessieren. Dann studierte er Klavier an der Liszt-Akademie in Budapest und am Royal Conservatory of Music in Den Haag. In seinen Kompositionen verbinden sich Elektronik und zeitgenössische Klaviermusik zu einem Klang, der behutsam die vermeintlich gesetzten Konstanten wie Zeit, Raum und Physis hinterfragt. So zählt van Houdt zu den gefragtesten Interpreten für Stücke, deren Niederschrift sich der klassischen Notation entziehen. Er führte schon Werke von Robert Ashley oder Alvin Curran auf und arbeitete unter anderem mit Alvin Lucier, Luc Ferrari und Peter Ablinger zusammen. Am 3. Mai wird er in der Alten Feuerwache Auszüge aus seinen Kompositionen und eine Interpretation von Jordan Dykstras »The Arrow of Time« spielen.
Weniger bedächtig ist das zweite Konzert der Reihe: Das indonesische Duo Senyawa, bestehend aus den Musikern Rully Shabara und Wukir Suryadi, wurde 2010 in Yogyakarta, Indonesien, gegründet. Versuche, die Musik der beiden zu beschreiben, schlagen häufig fehl. Die Reihe M versucht es mit »Indonesische[n] Doom-Metal, Neo-Tribal-Punk, Java Avantgarde«. Man könnte noch weitere Neologismen zusammenbasteln und würde trotzdem dem Klang und der Performance der Band nicht gerecht werden. Rully Shabara kreischt, hyperventiliert und gluckst in das Mikrophon, während er von Wukir Suryadi auf selbstgebauten Instrumenten begleitet wird. Klingt schräg? Ist es auch, bringt aber auf sehr merkwürdige und gleichzeitig faszinierende Weise traditionelle Java-Musik und Folklore mit Punk-Attitüde, zeitgenössischer Musik und ritueller Katharsis zusammen. Nach ersten Veröffentlichungen in Europa arbeiteten die beiden mit Free-Jazz-Größen wie Keiji Haino oder dem Drone-Veteran Stephen O’Malley zusammen. Am 11. Mai spielen sie im Gebäude 9.
3. Mai, Reinier van Houdt in der Alten Feuerwache,
11. Mai, Senyawa im Gebäude 9