»Ich lebe in Nordlippe, einer Region, die so ländlich ist, dass man hier kaum ohne Auto fortkommt. Das macht es nicht nur für ältere oder junge Menschen schwer, von A nach B zu kommen, sondern auch für Städter unattraktiv, hierher zu ziehen. Denn immer mehr Menschen wollen nicht täglich auf ein Auto angewiesen sein. So entstand die Idee, ein neuartiges Verkehrsmittel zu konstruieren, das individuell ist und dennoch Teil des öffentlichen Nahverkehrs. Dafür möchten wir die historischen Strecke zwischen Lemgo und Extertal, die zurzeit der Verein der Landeseisenbahn Lippe erhält, nutzen. Auf ihr sollen sogenannte Gyroskop-Monocabs wie bei einem Paternoster in ständigem Umlauf fahren. Dafür haben wir eine bestimmte Technik entwickelt: Die Monocabs balancieren auf einer einzelnen Schiene des Gleises. Möglich ist das durch die Kreiselkraft: Rotierende Kreisel, auch Gyros genannt, behalten ihre Lage im Raum und setzen dem Versuch, ihre Drehachse zu kippen, deutlichen Widerstand entgegen. Diese Kreiselkraft wird in vielen Geräten genutzt, um ihre Lage zu stabilisieren – etwa im Segway. Da die Kabinen auf einer Einzelschiene balancieren, ist Gegenverkehr also kein Problem.
Wichtig ist uns, dass die Fahrgäste ihr Cab individuell buchen können – per App und nach dem Motto: „Alexa, hol schon mal den Wagen!“ Das Monocab reagiert dann individuell. Es wird für den Benutzer innerhalb der Bewegungskette autonom gesteuert und zugleich über Streckensensoren und Bewegungsdaten gesteuert. Die Monocabs fahren so 24 Stunden am Tag und an 365 Tagen im Jahr. Zu Stoßzeiten kommen mehr Cabs auf die Strecke, nachts weniger.
Zudem nutzt das Projekt etwas, das schon vorhanden ist: Die Strecke ist frei und betriebsbereit. Auch die Akteure und Partner stehen im Prinzip abfahrtbereit auf dem Bahnsteig – jetzt fehlt es nur noch an Geld, das Ganze umzusetzen. Schon jetzt sind wir aber interessant für die Wissenschaft: Begleitet werden wird von Experten der Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Lemgo. Zumindest als Feldversuch könnte die Bahnstrecke also tatsächlich getestet werden – und womöglich eines Tages Wirklichkeit.«
Der Innovationsmanager Thorsten Försterling, Jahrgang 1966, ist Teil der Bielefelder alberts.architekten, die sich selbst als „Büro für Soziale Architektur“ verstehen. 2018 gewann er für seine „Monocab“-Idee mit dem Landeseisenbahn Lippe e.V. den Deutschen Mobilitätspreis.