Ein Protokoll: Am 3. März 2009 stürzt der Gebäudekomplex des Stadtarchivs Köln samt zweier benachbarter Wohnhäuser ein. Mindestens zwei Menschen sterben, 36 Anwohner verlieren ihr Heim, etwa 90 Prozent des Archivguts ist verschüttet, der Schaden beziffert sich nach Milliarden. Nach einem halben Jahr konnten 85 Prozent des Materials aus dem Historischen Archiv auf der Severinstraße geborgen werden. Seit der Zeit ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt wegen Fahrlässiger Tötung, Fahrlässiger Körperverletzung und Baugefährdung; zivilrechtliche Klagen sind anhängig. In die Baumaßnahmen involvierten Unternehmen wird unterstellt, Bauprotokolle gefälscht und Eisenbauteile unterschlagen zu haben. Sorgfalt wurde entsorgt. Die Schuldfrage ist offen, auch wenn kaum jemand zweifelt, dass der Einsturz mit den U-Bahn-Arbeiten zusammenhängt. Für Karin Beiers Schauspielhaus schrieb Elfriede Jelinek das Stück zur Katastrophe: »Ein Sturz«. Die Literaturnobelpreisträgerin wühlt im Dreck, holt in ihrem textlichen »Sturz«-Bach Dinge ans Licht und macht vier Protagonisten aus: die Erde, das Wasser, die Baufirmen und die Stadt. Das System hat sich verselbstständigt. Keiner weiß was. Keiner hat Schuld. Man fischt im Trüben des Kölnisch Wasser. | AWI
2003–2013 EIN RÜCKBLICK
01. Feb. 2013