Dass ein Verleger und sein Autor unterschiedlicher Meinung über die Qualität des eingereichten Manuskripts sind, soll schon mal vorkommen. Dass sich der Verlag entschließt, ein als Spitzentitel angekündigtes Buch kurz vor Druckbeginn aus dem Programm zu nehmen, ist eher selten. Wenn am Ende aber alle darüber diskutieren, ob es die »Nazi-Pornos«, von denen der Roman handelt, wirklich gibt oder nicht, dann ist weniger das Buch, von dem die Rede ist, der Skandal, sondern die Diskussion darüber. Geschrieben hat das Buch Thor Kunkel, es heißt »Endstufe« und handelt von SS-Wissenschaftlern, die mit pornografischen Filmen handeln. Erschienen ist es dann im Eichborn Verlag. Und die vehement geführte Auseinandersetzung darüber verschob sich schnell hin zur pseudo-investigativen Frage, ob die sogenannten Sachsenwald-Filme, auf die Kunkel verwiesen hatte, Anfang der 40er Jahre gedreht worden waren oder erst in den 50er Jahren. Als ob das bei der Beurteilung des Buches einen Unterschied machen würde. Tatsächlich befinden sich zwei dieser Streifen, »Frühlingserwachen« und »Der Fallensteller«, im Besitz des Mülheimer Filmemachers und Medientheoretikers Werner Nekes. Und der wusste zu berichten, dass sich der nationalsozialistische Herrenclub, die sich von derartigen Filmen animieren ließen, die »Wochenscheuen« nannte. | ANK
2003–2013 EIN RÜCKBLICK
01. Feb. 2013