INTERVIEW ANNIKA WIND
k.west: Frau Klaus, Sie versuchen, möglichst überall Müll zu vermeiden. Gilt das auch fürs Geschenkpapier an Weihnachten?
Klaus: Ja, deshalb benutzen wir altes Papier wieder, wickeln Sachen in ein schönes Tuch oder stecken unsere Geschenke in Säckchen aus Reststoffen.
k.west: Sie haben zwei kleine Kinder. Bedeutet Ihr Credo der materiellen Beschränkung, dass sie auf Geschenke verzichten müssen?
Klaus: Nein, unsere Kinder bekommen grundsätzlich das, was unsere Familie für sie überlegt hat. Aber wir als Eltern versuchen, uns eher zurückzuhalten. Mein großer Sohn wird jetzt drei und bekommt ein Fahrrad; ich weiß schon jetzt, dass er sich besonders darüber freut, weil sein großer Cousin schon damit Radfahren gelernt hat. In unserem Freundeskreis wird eher wenig geschenkt. Wir treffen uns lieber zu einem schönen Mittagessen.
k.west: Wie kam es zu dem Entschluss, auf Müll zu verzichten?
Klaus: Eine Indienreise 2012, bei der ich gesehen habe, wie viel Müll dort auf der Straße landet und verbrannt wird. Ganze Buchten bestehen dort nur noch aus Müll und nicht mehr aus Sand und Wasser. Das hat mich zutiefst schockiert, weil die Schönheit dieses Landes so verloren geht. Dann ist mir bewusst geworden, wie viel Müll wir in Deutschland produzieren, dreimal so viel wie ein Inder! Weil der Müll hier allerdings sofort abtransportiert wird, kommen wir damit nur nicht so sehr in Berührung. Ich dachte: Da mache ich nicht mehr mit.
k.west: Wie sieht heute ein Wocheneinkauf bei Ihnen aus?
Klaus: Wir gehen kaum noch in Supermärkte. Eher steuere ich unseren Wochenmarkt an, wo ich auch die Produzenten kenne. Außerdem sind die Verkäufer dort unkompliziert, wenn ich mit meinen eigenen Behältern ankomme. Sie wissen, dass sie nichts mit fehlender Hygiene zu tun haben. Im Supermarkt gibt es da eher Probleme.
k.west: Obst und Gemüse gibt es auf dem Wochenmarkt – aber was ist mit Fischstäbchen, Tiefkühlpizza oder Nudeln?
Klaus: Wenn man keinen Unverpackt-Laden in der Nähe hat, der auch solche Produkte anbietet, wird es natürlich schwierig. Wir haben Freunde, mit denen machen wir Sammelbestellungen bei einem Großhändler. Fischstäbchen essen wir so gut wie nie. Wir kaufen eher Fisch am Stück und braten ihn an oder frieren ihn ein, so wie frischen Spinat, wenn Saison ist. Oder Pizzateig, belegt ergibt er quasi eine Tiefkühlpizza.
k.west: … die aber dann nicht in einer Plastikhülle ins Gefrierfach kommt.
Klaus: Nein. Die Pizza wird auf unser abwaschbares Backpapier und dann in einen Kopfkissenbezug gelegt.
k.west: Sind Ihre Wocheneinkäufe jetzt günstiger oder teurer als zuvor?
Klaus: Wir geben schon mehr Geld für Lebensmittel als früher aus. Durch »Zero Waste« haben wir aber einfach grundsätzlich viel weniger Ausgaben, weil wir eben keine Einwegartikel kaufen, nur Stoffservietten oder -taschentücher verwenden oder auf Küchenrolle verzichten. Auch das Thema Kosmetik hat sich verändert: Meinen Lidschatten zum Beispiel mache ich mir aus Zimt und Kakao selbst. Da bewegen sich die Kosten für eine Portion, die zwei Jahre hält, im Cent-Bereich. Dadurch haben wir die Möglichkeit, auch für Lebensmittel mehr auszugeben.
k.west: Weniger ist mehr – gilt das auch für Ihre Wohnung?
Klaus: Absolut. Wir überlegen bei jedem Gegenstand, ist es etwas, das uns glücklich macht, das wir wirklich brauchen, worauf wir angewiesen sind? Aller Dinge, die uns nicht richtig passen, die eher Ballast sind, entledigen wir uns einfach. Sie verbrauchen Stauraum, man muss sie sauber halten, im Zweifelsfall reparieren; das macht Arbeit. Reduzierung auf das, was wichtig ist und eine gewisse Qualität hat, auch das ist ein Teil von »Zero Waste«.