// Ein verdunkelter Raum, von feinem Nebel erfüllt. An einer Wand leuchten weiß zwei unterschiedlich gekrümmte Linien; sie verändern sich langsam. Die Linien sind das Resultat einer Projektion – wenig überraschend. Verwirrend aber ist der Körper, der vor diesen Linien im Raum steht, eine ebenmäßige und doch konturlos wirkende Erscheinung, sehr anwesend und doch nicht greifbar, sehr flüchtig wirkend und doch von bleibender Präsenz, mal wie ein Band erscheinend, mal wie eine voluminöse Masse. Es ist der Weg des Lichts durch den Raum, den wir da sehen, das sonst nicht sichtbare Dazwischen. Durch die Nebeltröpfchen reflektiert, erscheinen nämlich die beiden Lichtlinien als meterlange, gebogene Flächen, ja als Körper im Raum. Will man in diese gazeähnliche Erscheinung von geradezu haptischer Qualität hineintreten, spürt man die Warnung der Nerven vor der Annäherung an etwas Festes. Steht man darin, verliert man ganz die Orientierung: Eine Welle hat einen erfasst, man befindet sich in »Waves« in der Dortmunder Phoenix-Halle, in der wohl stärksten Arbeit der Ausstellung, Anthony McCalls »Doubling Back«.
»Waves – The Art of the Electromagnetic Society«, vom Hartware Medienkunstverein in Koproduktion mit der Ars Electronica Linz und dem Medienkunstzentrum RIXC in Riga initiiert, will (im Rahmen des NRW-weiten Kulturfestivals »scene:österreich«) die Medienkunst hinter die »Human Interfaces« zurück zu ihren elektromagnetischen Voraussetzungen führen. Wobei auch nicht-elektromagnetische Wellen wie der Schall mitsurfen dürfen: Der Litauer Oskars Poikans etwa hat eine über zwölf Meter lange, alphornähnliche Trompete gebaut, deren akustische Tieftonwelle ebenfalls körperlich erlebbar ist.
Sonst aber befassen sich alle 30 Objekte von 35 Künstlern und Künstlerkollektiven aus Österreich, USA, Großbritannien, Litauen und anderen Ländern mit dem, was man mit den Schwingungen des elektromagnetischen Feldes so alles herstellen kann, z. B. eine Informationsgesellschaft wie die unsrige. Die hat innerhalb von 100 Jahren um uns herum eine gewaltige, von uns direkt nicht wahrnehmbare Wellen-Architektur errichtet, die mit den Geräten der internationalen Künstlergruppe Haaque, Sjölen, Somlai-Fischer als wabernde, leuchtende Masse im Raum erkennbar wird. Das ist erregend und gruselig.
Töne der Wasserstoffatome im All (gottväterlich tief); Messdaten von Stürmen, die, in Schalldruck umgesetzt, erneut Stürme im Wasserbe- cken erzeugen (traumhaft schön); ein Nachbau der ersten italienischen Rundfunk-Übertragung von 1908 (mit echten Funk-Funken und Salzsäure-Mikrofon) – »Waves« liegt manchmal nah am Physik-Unterricht, manchmal aber zeigt es Kunst mit anderen, ungewohnt zeitgemäßen Mitteln. // UDE
Bis 29. Juni 2008. Tel.: 0231/823106. www.hmkv.de