Hans Werner Henzes Musikdrama »The Bassarids« von 1966 ist ein Stück aus fern gerückter Zeit, das auf die im Jahr 407 v. Chr. entstandene Tragödie »Bakchai« von Euripides zurückgeht: Mit ihm richtet sich der Blick auf das kurze heftige Leben des Königs Pentheus, auf den unversöhnlichen Gegensatz von Vernunft und Triebhaftigkeit, den blutigen Konflikt zwischen einer feminin bestimmten Lebenslust, in der sich allerdings der Todestrieb zeigt, und halbwegs rationaler, freilich nicht minder rigider Männerherrschaft mit ebenfalls tödlichen Konsequenzen für Abweichler. Der mythologische Hintergrund des Librettos von Wystan Hugh Auden und Chester Kallman, die erkennbar an Hofmannsthal anknüpften, bildet eine frühantike Familientragödie: Dionysos, der aus der Verbindung von Zeus und der Kadmos-Tochter Semele unter Mühen hervorgegangene neue Gott, mischt die von Pentheus in Theben durchgesetzte Ordnung mit seinem abgründigen Kult auf.
Dirigent Markus Stenz lässt an der Kölner Oper die barbarische Pracht der Henzeschen Anspielungen auf die archaische Antike aufblitzen. Unter seiner Leitung wird das exzessive Espressivo des seine verdrängten Wünsche entdeckenden Pentheus von Bariton Urban Malmberg ebenso wirkungsmächtig herausprozessiert wie die demagogischen Fähigkeiten und die Tücke des inkognito auftretenden Dionysos von Tenor Ray M. Wade. Regisseur Jasmin Solfaghari verzichtet auf eine tiefer greifende Deutung und sorgt in einem architektonischen Rahmen, der an faschistische Architektur erinnert, für eine biedere Inszenierung der erstmals gespielten englischsprachigen Originalfassung des Werks. Der weibliche Exzess am Berg Kytheron erscheint dabei allzu gedämpft. Die lustentrückten Bassariden winken mit den Händen und fuchteln bloß etwas mit Taschenlampen. Mehr wurde ihnen nicht zugestanden. (5., 7., 9. und 14.10.2005, Oper Köln) | FCR