Die Aufführung will gleich die Welle machen und die Kurve kriegen. Heinz Hauser hat in die Godesberger Kammerspiele des Theaters Bonn eine mal Yves-Klein-blau, dann jadegrün ausgeleuchtete Meereswoge zur gekrümmten Wand hoch gezogen. Eine seiner typisch abstrahierenden Raumlösungen für die Inszenierungen von David-Mouchtar-Samorai, die sich gern konkreten Situierungen entziehen. Für Carlo Goldonis krakeelende Komödie über den »Krach in Chiozza« entwirft der Regisseur ein stilisiert kunstvolles Pastiche, das er von einem Jazz-Swing-Trio in die passend zwitschernd-zänkische Tonart setzen lässt, die das putzmuntere 14-er-Ensemble aufnimmt.
Versucht wird keine Commedia dell’Arte aus dem Geiste Strehlers. Es braust auch nicht wie bei Leander Haußmann in Bochum das süße Leben halbstarker Ragazzi der Sixties hochtorurig über die Piazza. Der Jux verlegt sich aufs Zungen-Akrobatische. Goldoni hat den Dörflern der venezianischen Küste aufs Maul geschaut und den derben Dialekt in sein Teatro nuovo comico übernommen. Die extra in Auftrag gegebene Übersetzung Frank Günthers, von ihm selbst als Commedia della lingua beschrieben, kompiliert eine neu-altdeutsche Mundart. Die klingt nun, als hätten sich Hänneschen- und Ohnsorg-Theater, die Komödie am Kurfürstendamm und das Königlich Bayerische Amtsgericht zusammen mit Büchners »Woyzeck« und Grass’ kaschubischen Schüben auf ein Brettl gestellt. Auf Dauer (und die Dauer beginnt schon nach ein paar Minuten) klingt dieses fortwährende »Na claro«, »Alles Paletti« und »Du wills’ überhaupts nie nich, dass ich mich verheiraten tu…« fürchterlich falsch. Das sich penetrant locker gebende, aber eigentlich stocksteife Schreibtisch-Esperanto, dessen Kauderwelsch auch die Pizzeria-Speisekarte rauf und runter rattert, funktioniert nicht als flinker Sprach-Slapstick, sondern holpert schwerfällig über die Lippen. Höchstens Rolf Mautz als Justizbeamter Isidoro darf sich artig etwas über Volkes Stimme erheben und kann mit listigen Dorfrichter-Adam-Allüren eine Charakter-Nische besetzen. In dem nichtigen Eifersuchts-Gerangel unter den Fischern und ihren Frauen wird nach allerlei Hin und Her dann doch die Kirche im Dorf gelassen, in der der Richtige die Richtige bei der angetrauten Hand nimmt. Um im Jargon der Aufführung zu bleiben: dann doch lieber Linguine statt dieser Lingua. AWI