Bertram Müller, künstlerischer und geschäftsführender Direktor des tanzhaus nrw, Düsseldorf, und seit 1977 Leiter des tanzhaus-Vorläufers »Die Werkstatt e.V.« sowie Psychologischer Psychotherapeut. Geboren 1946 in Baden-Württemberg. Nach Abschluss des Studiums der Philosophie und Theologie, Studium der Klinischen Psychologie an der Universität Bonn mit Diplom. Er ist beratend für die Europäischen Union für die Initiative Kulturpädagogik und Weiterbildung tätig gewesen, als Direktor für das Tanz-Festival Global Dance 2002 sowie die Tanzplattform Deutschland 2004. Er ist Mitglied des Kulturbeirates der Landeshauptstadt Düsseldorf und Mitbegründer des European Dancehouse Network.
WELCHES KUNSTWERK, GLEICH WELCHEN GENRES, HAT IN IHNEN DIE STÄRKSTE EMOTION AUSGELÖST?
Viele! Vielleicht besonders ein Konzert mit Alexandre Theraud und seiner klaren wie zärtlichen Interpretation des italienischen Klavierkonzertes von J.S. Bach. Vielleicht auch Bill Violas Ausstellung in Bremen und seine eindrucksvollen transzendentalen Video-Installationen sowie Gerda König und ihr Ensemble DIN A 13 mit der mit kenianischen Tänzern entwickelten Produktion »Counter Circle«. Sehr berührend.
WENN SIE VON IHREM EIGENEN HAUS ABSEHEN, IN WELCHEN MUSEUM ODER ANDEREN HAUS DER KULTUR (KIRCHE, BIBLIOTHEK ETC.) WÜRDEN SIE GERN DIE NACHT VERBRINGEN?
Im Centre Pompidou mit seinem herrlichen Blick über die Dächer und das Lichtermeer von Paris bei Nacht und … wegen seiner riesigen Rolltreppen. Dann in aller Ruhe die Ausstellung »Mouvement des Images« anschauen, später sich im Pariser Restaurant »Chez George« ein viergängiges Menü einlegen und anschließend alle akustischen Sinne in der Hörbibliothek berauschen lassen, um auf den wunderbaren Sofas ganz oben abzuschlaffen.
IN SPONSOR ÜBERLÄSST IHNEN EINE MILLION EURO. WIE VERWENDEN SIE DAS GELD?
Trotz skandalöser Unterfinanzierung der Tanzkunst und der Tänzer, würde ich 50% zur direkten Förderung und Weiterbildung von Tanzjournalisten verwenden.
WENN SIE NICHT GEWORDEN WÄREN, WAS SIE SIND, WER ODER WAS HÄTTEN SIE SONST SEIN MÖGEN?
Vor 30 Jahren: Bürgermeister von Carmel, Kalifornien. Heute: Verkehrsminister, um endlich auch in Deutschland überall den Kreisverkehr einzuführen, um die zeit- und energieverschwendenden Ampeln abzuschaffen.
WAS WÄRE FÜR SIE DAS GRÖSSTE UNGLÜCK?
Die Zunahme des fanatisch religiösen Streites um die einzige Wahrheit. Wenn der west-östliche, zunehmend sich aufschaukelnde amerikanisch-islamistische Fundamentalismus weiter um sich greift und uns ins tiefste vorreformatorische Mittelalter führt.
WELCHES BAUWERK IN NRW MÖGEN SIE AM LIEBSTEN?
Die Anlagen der Insel Hombroich, denn sie sind eine reizvolle Symbiose von Raum, Kunst und Natur.
WOMIT BEGINNEN SIE GEWÖHNLICH IHREN TAG?
Ich bringe meine Frau zum Lachen und wenn sie mal nicht da ist, dann springe ich aus dem Bett.
WAS KOMMT IHNEN IN DEN SINN, WENN SIE DAS WORT »PUBLIKUMSRENNER« HÖREN?
Mit wem »zum Teufel« lässt sich ein gutes Kunstwerk produzieren, das dennoch ein Publikumsrenner ist.
DIE AM HÄUFIGSTEN VORKOMMENDE BERUFSKRANKHEIT IN IHRER PROFESSION?
Chronische Abwehr einer Sehnsucht nach privat verplemperter Zeit.
VON WELCHEM GROSSEN MALER ODER FOTOGRAFEN WÜRDEN SIE SICH AM LIEBSTEN PORTRÄTIEREN LASSEN?
Ein Porträt? Natürlich von Yves Klein. Ich liebe seine monochromen blauen Bilder.
WENN SIE DIE WAHL HÄTTEN, WÄREN SIE LIEBER FAUST ODER MEPHISTO?
Letztendlich doch Faust, denn er hatte den Mut, Fehler zu machen und trotzdem darauf zu vertrauen, dass er gerettet ist.
NENNEN SIE EIN BILD GEGEN SCHLECHTE LAUNE.
Die berühmte »Energie-Zitrone« von Joseph Beuys. Wenn die nicht hilft, denke ich an »Deutschland, ein Sommermärchen«.