Im März 1932 besuchte Thomas Mann Sigmund Freud. Worüber haben sich die Herren unterhalten? »Über die Hund’«, wie sich Hausperle Paula Fichtl erinnert. Thomas Manns Hühnerhundmischling Bauschan oder Freuds Chow-Chow Jofie waren gewissermaßen Promi-Hunde, weil sie Geistesgeschichte mitschrieben. Wie auch Butz, der berühmte Pudel des von Freud bewunderten Arthur Schopenhauer, Butz, der eigentlich Atman hieß, also Weltseele auf Sanskrit. Freud machte Hündin Jofie zu seiner Co-Therapeutin, die in den Sitzungen jeweils den ersten Analyseschritt vornahm (»Wen die Jofie nicht mag, bei dem stimmt was nicht«). Thomas Mann verewigte seinen Liebling Bauschan in der Erzählung »Herr und Hund«.
Ein Hund, fand Freud ebenso wie Mann und Schopenhauer, sei die »Schönheit einer in sich vollendeten Existenz«. Es ist also zu befürchten, dass die inneren Schweinehunde der drei Herrchen ihre Hunde zwar tief geliebt, aber ungestylt wie Schlunz Wuff durch die Welt dackeln ließen. Fotos zeigen die Intellektuellen-Hunde gänzlich nackt, ohne flotten Cashmere-Zopfpulli in Babybleu, wie heute üblich, oder wenigstens im Hunde-Bademantel. Überdies ist anzunehmen, dass sie hinter ihren Schlapp- und Stehohren nicht parfümiert waren und heftig nach Hund müffelten, sabbernde Saubären überdies, weil man operativ korrigierte Hunde-Kinnladen damals noch nicht kannte.
Heute ist so ein gammeliges Hundeleben nicht mehr denkbar. Der Hund von heute geht mit der Mode, seit Top Dogs wie Thomas Mann ersetzt wurden durch Hundehalter wie Hot Dog Paris Hilton mit ihren Zierwauwaus. Seitdem ist der Hund, vom XXS-Affenpinscher bis zum Riesenschnauzer, unverzichtbares Lifestyle-Accessoire. »Pimp up your Dog!« heißt der kategorische Imperativ nun auch in NRW: Mach’ mehr aus Deinem Hund! Selbst im Sauerländischen Olsberg verfügt man bereits über die einschlägige Boutique »Dog’s en Vogue«. Fellführend im Doggy Style ist natürlich Düsseldorf. Hier gibt es für den neuen Hund, nennen wir ihn Pimpdog, seit kurzem eine der ersten Hundekuchen-Bäckereien Deutschlands. Im stilvollen Karlstadt-Viertel, im topgestylten »Dog’s Deli. Das Feinkostgeschäft für Ihren Hund«, zwischen himbeerrosa Schächtelchen und Schleifchen degustieren die Klienten frischgebackene Kürbis-Cantuccini, Mango- und Ricotta-Crossi, Gourmet-Muffins und Thunfischstrudel – alle selbstredend »ohne Konservierungsstoffe und Aromen«. Über die Qualität wacht die Landwirtschaftskammer NRW. Während auf Frauchens Gaumen Gammelfleisch wartet.
Nur zwei Häuser weiter, in der Designerboutique »Hundestolz«, wird der Gourmet-Pimpdog dann aufgepimpt, was das Portemonnaie hergibt. Kollektionen gibt es da, alle Achtung. Bling-Bling-Halsbänder aus »zarter Spitze auf Lackleder in Bleu und Krone mit Strass«, aus »feinstem Satin mit schimmerndem Gold und einer Aura fernöstlicher Ästhetik« oder aus »echter Python für das Big Girl«. Auch bei den Nobel-Näpfen mit Strass heißt es klotzen, nicht kleckern. Und die Couture bietet für den St. Moritz-Trip Hunde-Skiparkas mit gefütterter Kapuze, während die Möbel-Abteilung rosa Ballarina-Tüllkörbchen für das Hundegirlie und Tarnschlafsäckchen und Feldbettchen für den Hundeboy bereithält. Der Lounge-bewusste Loft-Hund findet todschicke Sessel oder eine goldene Empire-Chaiselongue im Leopardenlook.
Ja, der Kunde weiß sein Gespür für modischen Chic durch adäquate Hunde zu unterstreichen. Besonders Frauchen. Verpackt im Partnerlook, schnieke Daunenmäntel oder letzter Schrei bei den (Hunde-)Modeschauen jüngst in Moskau: die Pelzjacke samt Pelzzipfelmütze, wird Herzbabylein noch die Designer-Hundesonnenbrille appliziert und fertig ist der Status-Pimpdog für die Cabrio-Sause. Da können wir Fisch-und Vogelhalter nur neidvoll losjaulen.
Wohin führt das? Was dürfen wir noch erhoffen für das deutsche Hundewesen? Schauen wir zu den Alpha-Tieren der Zivilisiertheit, zu den Amerikanern. Der Hund von Welt relaxed dort in den Ferien in Wellness-Resorts wie dem »Top Dog Country Club«: Schwimmen im geheizten Pool, Musikhören, Fernsehen, Gourmet-Dinners in der Hunde-Luxus-Suite samt Fußbodenheizung und Klimaanlage, Massagen, Bäder, Pediküre samt Nagelpolitur und Krallenlack.
Hollywoods Hunden werden auch Schönheitsoperationen zuteil. Facelifts und Nose-Jobs bei Denkerfaltenstirn und Knautschgesicht, Kinn-Ops bei Sabbern, Fettabsaugen bei Mopsigkeit. Nach Kastrationen gibt es Silikon-Ersatzhoden, »die dem Haustier ermöglichen, seinen natürlichen Look und sein Selbstwertgefühl zu bewahren«, Unsere Tiere, schrieb Schopenhauer, leben in einer Hölle, in der die Menschen die Teufel sind. Macht aber nix: Sollte der US-Pimpdog depressiv werden, bekommt er Antidepressiva ins Fressi. Aber vielleicht gehen Hund und Halter, mittlerweile schwer auseinanderzuhalten, ja demnächst gemeinsam zur Paartherapie.