Vom Mozart-Jahr ist in der Landeshauptstadt nur am Rande die Rede. Düsseldorf konzentriert sich auf das Gedenken zweier eigener berühmter Söhne, deren Todestag sich zum 150. Mal jährt, und feiert das Heine-Schumann-Jahr. Das Schumannfest widmet sich dem romantischen Komponisten, der seine letzten aktiven Jahre am Rhein verbracht und auf der Bilker Straße gewohnt hat. Natürlich gibt es viel von seiner Musik zu hören bei dem zum zweiten Mal unter neuem Management laufenden Festival, gastieren große Namen des internationalen Klassik-Zirkus, gibt es süffige Symphonik der Luxusklasse im traditionellen Konzerambiente und auch feinste Kammermusik mit prominenten Ensembles und Klavier-Grübelei auf hochrangigem Niveau.
Wirklich interessant aber wird es da, wo die Schumann-Forschung weiterdenkt, alternative Formate greifen und neben Schumann auch Neutöner erklingen. »Kaum ein Komponist hat auf lebende Komponisten so viel Einfluss wie Robert Schumann«, behauptet Tonsetzer Moritz Eggert, der insbesondere von dessen Spätwerk eine direkte Verbindungslinie in die Gegenwart zieht. Eggert, spätestens seit dem »Fußballoratorium«, einer Auftragsarbeit für die RuhrTriennale, bei uns ein Begriff, wird als Vertreter der postmodernen Strömung einer »neuen Einfachheit« gehandelt, die indes so neu nicht mehr ist. Schon seit geraumer Zeit zählen sich Komponisten dieser Schule zugehörig, die die abweisende Hermetik der einstigen Avantgarde aufbrechen – zugunsten klanglicher Eingängigkeit und intuitiver rhythmischer Struktur. Da Schumann selbst auch bereits mit Versatzstücken, Materialien und Formen experimentiert und als erster Komponist das eigene Nachdenken über die Musik dokumentiert hat, steht er methodisch der Postmoderne nahe. Nicht zuletzt das erklärt ein nicht nachlassendes Interesse an ihm.
Mit dem Projekt »Anfang/Endenich: Schumanns lange Nacht« hat Moritz Eggert einen dreiteiligen Abend konzipiert, der Lieder, einen szenischen Monolog und Kammermusik inszeniert. Neben Schumann treffen drei lebende Komponisten-Generationen aufeinander, die sich ihrerseits auf den Vorgänger beziehen. Der Bogen spannt sich vom 79-jährigen Wilhelm Killmayer bis zum Dreißiger Jörg Widmann.
Die Aufführung (Regie Berkan Karpat, Lichtchoreografie Michael Kunitsch) beschäftigt sich mit Schumanns letzter Station in der Heilanstalt bei Bonn. Sein spätes Schaffen soll dabei im Dialog mit den Zeitgenossen in seiner ganzen Radikalität und Modernität begreifbar und hörbar werden.
Schumanns Leiden in Endenich ist auch das Thema eines Buches, das anhand der nun endlich veröffentlichten Krankenakten die dunkle Zeit des Musikers zu erhellen sucht und mit seinem Titel »Im Eismeer « selbst schon romantische Assoziationen weckt.
Als Auftragswerk bietet das Schumannfest zudem die Uraufführung von »KOMET- Schumann Prospekt«. Das Live-Experiment des electronic music theater sieht sich als klingende Versuchsanordnung im Dienste einer dynamischen Multimedia-Collage, in deren Kern das Lied steht. Romantisches Original und elektronische Verarbeitung durchdringen einander und lösen sich aus ihren jeweiligen Zusammenhängen.
Die Arbeit am Klang-Arbeitsfeld will jedoch mehr sein als ein Spiel mit Schumann-Material. Texte, Projektionen und theatralische Szenen verweisen auch auf die anderen Seiten des Multitalents Schumann, den gescheiterten Pianisten und den kritischen Musikschriftsteller.
Schumannfest Düsseldorf; 5.- 20. Mai 2006; www.schumannfest-duesseldorf.de