König Gustav III. von Schweden war ein musischer Mensch. Angetan hatte es ihm die Oper, für die er höchstselbst als Librettist tätig wurde. Seine Leidenschaft bekam ihm letztlich schlecht: 1792 wurde er in der Stockholmer Oper während eines Maskenballes erstochen. Mit dem dramatischen Ende aber war sein Schicksal selbst zum Opernstoff gereift, dessen sich Giuseppe Verdi Jahrzehnte später annahm. Die ursprüngliche Fassung von »Un ballo in maschera« ließ jedoch die neapolitanische Zensurbehörde nicht passieren; der Schauplatz musste verlegt werden – bei der Uraufführung in Rom spielte der auf offener Bühne vollzogene Königsmord im fernen Boston.
Im Duisburger Haus der Rheinoper liegt Hartmut Schörghofers schwarz getäfelter, karg sachlich ausgestatteter und neonkalt ausgeleuchteter Repräsentationsraum zunächst in Schräglage. Draußen ahnt man öde Mietskasernen. Der Monarch, inoffiziell in Pyjama, Morgenmantel und Pilotenbrille, begutachtet leicht gelangweilt das Modell eines Bauwerks, das dem Gehry-Museum in Bilbao frappant ähnlich sieht, und scheint sich vor allem als Partyking zu verstehen. Zum verzweifelten Liebhaber will dieser Spaßvogel nicht recht passen – Viktor Afanasenkos fahrig unprofilierte Figur kommt da mit seinem oft ungeschlachten Gesang unfreiwillig zur Deckung. Des Königs Widerpart sieht Regisseur Stein Winge in dessen Freund und späteren Mörder Renato, für den in der zweiten Vorstellung Bruno Balmelli einsprang und sich wacker schlug. Charmant, quicklebendig und sängerisch überzeugend ist Joanna Mongiardo als Page Oscar, Renée Morloc glänzt mit kernigem Alt als Wahrsagerin Ulrica. Amelia, die Frau zwischen den Männern, ist mit Victoria Safronowa adäquat besetzt, liefert aber eine affektierte, mit antiquiertem Diva-Gehabe garnierte Darstellung, die auch durch die satte Fülle ihrer blühenden Stimme nicht glaubhafter wird.
Die Regie scheint kapituliert und sich entschlossen zu haben, einen im Ganzen vorhersehbaren, rundum unspektakulären Abend zu gestalten, der gewiss zum beliebten Repertoire-Stück wird. Die finale Ballszene allerdings wurde brillant gelöst: Auf gegenläufig rotierenden Ring-Segmenten der Drehbühne tanzt der trefflich singende (von Tine Schwab verschwenderisch ausgestattete) Chor, während der Mord fast unmerklich geschieht. John Fiore sorgt mit den emphatisch spielenden Duisburger Philharmonikern für einen packenden Verdi mit zündendem Brio und satter Farbgebung. REM
Rotationsprinzip
01. Jan. 2007