Es dräut die Weihnacht. Und siehe, alles Volk bangt über der großen Weihnachtsbewältigungsfrage: »Was schenken?« Krawatten, Sockenhalter, Notenwender, Winkelschleifer? Normalerweise würde jetzt auch jedermann im lieblichen Städtchen Krefeld ob dieser Frage ächzen. Es begab sich aber seinerzeit, dass ein Gebot vom dortigen Oberbürgermeister Gregor Kathstede ausging, dass ein »Krefeld Parfum« zu verfertigen sei, ein kommunales Duftwasser mit Corporate Identity, auf dass alle Welt die Stadt als dufte City of Style zu schätzen wisse. Und es waren Unternehmer in derselben Gegend auf demselben Felde tätig. Ein Engel der Herren Henkel KG trat zu ihm und sprach: »Gregorius Kathstede! Fürch- tet Euch nicht! Siehe, ich verkündige Euch große Freude. Gebt uns 100.000 Dukaten aus dem städtischen Geldsäckel und meine Krefelder Tochter ›Henkel Fragance‹ wird Euch – auch wenn sie eher einen Riecher für Scheuer- und Saubermittel hat – beizeiten zum heiligen Weihnachts- Geschäftsfeste eine Odeur de Krefeld kreieren, die den Kunden ein Wohlgefallen ist.« Also geschah es.
Alsbald war da bei der ersten Fuhre Krefelder Eau de Toilette in der Tourist-Information im Schwanenmarkt-Center die Menge der himmlisch kauflustigen Heerscharen. Sie kamen eilends und fanden beide, »Krefeld Homme« und »Krefeld Femme«. Und sie lobten das Stadtflair- Gebräu und sprachen: »Ehre sei ›Krefeld‹, diesem unerhörten Riechkolben-Kitzel aus Gingko, Patschuli, Moschus, Nelke und Lavendel.« Betütert vom dionysischen Destillat gerieten sie alsbald in Taumel, Raserei, Massenekstase: »Der Krefelder Duft fand reißenden Absatz. Er wurde uns aus den Händen gerissen. Alles ausverkauft!« (Gregorius-Evangelium 2, 1-15). Diese Worte bewegten die Stadtmanagement-Menschen in ihrem Herzen, sie orderten einen Haufen Flakons nach, für die Parfümerieketten und »rechtzeitig fürs Weihnachtsgeschäft«.
Mit diesem Jauchzen könnte es enden. Wäre da nicht die naseweise Opposition im Stadtrat. Die kann den OB nicht riechen, ihr stinkt die Sache mit dem Mammon gewaltig. Lieber solle der Herr OB seine Nase in die Stadtentwicklung stecken anstatt in Krefelder Eau de Toilette. Hatte denn aber der Statthalter nicht den richtigen Marketing-Riecher? Das, alte Stänkerer, habt zum Zeichen: Alle Firmen sind versessen auf »Krefeld« als Geschäftskunden-Weihnachtswasserpräsent. Würde man das sündige Liquid noch mit ein paar sexuellen Lockstoffen aufpeppen, wäre jeder ansiedlungsunwillige Konzern, jeder Krefeld-scheue Investor der Stadt verfallen. Krefeld wird mit »KR« die Nase vorn haben. Man denke nur an den Erfolg, den einst Cölln hatte mit seinem gnadenbringenden Duftwasserwerk »Eau de Cologne«. Auf dessen Duftwolke schwang sich die Stadt aus der »stinkenden Senke« (Zeitzeugen) zur Weltberühmtheit auf. Kölnisch Wasser war Verkaufshit, Exportschlager, wienerte politische Parketts (Karl VI., Maria Theresia, Zar Nikolaus II., Queen Victoria, Winston Churchill). Machte Großverbraucher aus Goethe (Auftragsbuch Sept. 1814: »Göthe. Bestellte eben derselbe, zu versenden: an die Frau Geheim-Räthin Christiane von Göthe, Exzellenz in Weimar 16 Flaschen Cöln Wasser«) und Wagner (1 Liter/Monat). Kaiser Napoleon ließ sich allmorgendlich gleich eine ganze Flasche Eau de Cologne über den Kopf gießen. Monatlich verduftete er über 60 Liter. Sprühte auch sein Zimmer und sein Pferd ein. Als Gehirndoping schluckte er »Canard Farina«, in Kölnisch Wasser getauchte Zuckerstücke. Einen eigens für ihn entwickelten Spezial-Flacon konnte er in seine Reitstiefel stecken, um ihn stets dabei zu haben. Man stelle sich Nicolas Sarkozy vor, auf Staatsbesuch, mit einem Fläschchen »Krefeld Homme« im Reitstiefel. Exquisit.
Weniger fein ist die Krefelder Duftwasser- Taufe: »KR Homme«, »KR Femme«. Namen mit Autokennzeichen-Aura. Riechkolbenfresser- Klänge. Das Verführerische verflüchtigt sich im Nu. Leider lässt sich ein Name wie Eau de Cologne nicht umstandslos auf andere Verhältnisse übertragen. »Eau de Oerkenschwick« – okay. Das klingt nach was. Aber »Eau de Krefeld«? Wie? »Eau de Krechamp«? Trotzdem, was wäre an duftiger Namenspoesie alles möglich gewesen! »Krefeld Royale«, »KRystal«, »Mystère de KR«. Oder nach dem Urheber: »KR – Kathstede Royale. Odeur du Oberburgermaître«. Superbe. Auch immer schön: ein bisschen Exotik-Erotik. »Krefeld Can Can« oder »Kréfeld – Les nuits du Niederrhein«.
Als aber ein Jahr herum war und wieder Weihnachten nahte, sprachen die Krefelder untereinander: Es ist Zeit, wir müssen unserem Eau de Toilette einen besseren Namen geben. Sie sannen nach, Geist kam über sie, sie frohlockten und hatten endlich den passenden Namen: Eau du Fröhliche.
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