Was die NRW-Museen in den nächsten Monaten zu bieten haben. Eine Auswahl von Stefanie Stadel.
Aachen, Kunsthaus NRW
»FLUCHTBEWEGUNGEN. GEFLÜCHTETE KÜNSTLER*INNEN IM 20. JAHRHUNDERT«, bis 23. Februar
In den 1930er Jahren flüchteten Künstler*innen wie Jankel Adler aus Nazi-Deutschland. Später kamen Künstler*innen aus der DDR in den Westen und machten Karriere – Gerhard Richter gehört ebenso dazu wie Günther Uecker, Karin Götz (Rissa) und Sigmar Polke. Aus anderen Ostblockstaaten flohen etwa László Lakner oder Magdalena Jetelowá, um im Rheinland heimisch zu werden. Die Fluchtbewegungen halten an – und sind nun Thema der Ausstellung im Kunsthaus NRW im Aachener Stadtteil Kornelimünster. Gezeigt werden rund 40 Werke von geflüchteten Künstler*innen, deren Biografien die verschiedenen Ursachen für Flucht und Exil im 20. Jahrhundert spiegeln. Am Ende steht Marcel Odenbachs Film »Im Schiffbruch nicht schwimmen können«. Er zeigt drei afrikanische Geflüchtete, die im Pariser Louvre ein Gemälde von Schiffbrüchigen betrachten: »Das Floß der Medusa« von Théodore Géricault, entstanden 1819.
Arnsberg, Sauerlandmuseum
»ZERRISSENE TRÄUME«, bis 23. Februar
»Wir wollen uns Arm- und Beinfreiheit verschaffen gegenüber den wohlangesessenen älteren Kräften.« So heißt es im Programm, mit dem »Die Brücke« 1906 antrat. Sechs Jahre später folgte »Der Blaue Reiter«, um ebenfalls voller Elan die alten Traditionen über Bord zu werfen. Zwei Bewegungen, die bis heute beinahe synonym stehen für den Expressionismus. Doch daneben und danach gab es etliche Künstler*innen mehr, die expressionistisch gearbeitet haben, sich aber oft keinen großen Namen machen konnten. Gerhard Schneider interessiert sich als Sammler ganz besonders für diese weithin unbekannten Vertreter*innen der »Verschollenen Generation«. Gemeint sind Künstler*innen, die in den Jahrzehnten um 1900 geboren wurden und ihren Weg im Schatten der nationalsozialistischen Kunstdiktatur beschritten. In seiner großen Überblicksschau zum Expressionismus kann das Sauerlandmuseum sich ganz auf Schneiders Schätze stützen. Rund 170 zumeist selten gesehene Werke schlagen hier einen Bogen über zwei Jahrzehnte – von Heinrich Maria Davringhausen und seiner »Schwester Maria, schlafend« von 1916 bis hin zum verhängnisvollen »Abgrund«, in den Georg Netzband 1935 die Menschheit stürzen sieht.
Bedburg-Hau, Museum Schloss Moyland
»JOSEPH BEUYS UND DER NATIONALSOZIALISMUS – EIN LABORRAUM«, ab 30. März
»AUSCHWITZ UND DER ZWEITE WELTKRIEG IM WERK VON JOSEPH BEUYS«, 30. März bis 29. Juni
Er war Hitlerjunge, dann Berufssoldat. Wiederholt ist die Rolle von Joseph Beuys (1921-1986) im Nationalsozialismus diskutiert worden – und mehr noch seine spätere Haltung dazu. Das Museum Schloss Moyland greift den Faden auf: Dort beschäftigt sich ein Forschungsprojekt mit dem Thema und kann sich dabei auf die umfangreiche Beuys-Sammlung des Museums sowie auf ein einzigartiges Archiv stützen. In einem Laborraum sollen die Ergebnisse der Forschungen ab März präsentiert werden. Parallel dazu versammelt eine Ausstellung Beuys-Werke mit Bezug zum Zweiten Weltkrieg und zum Konzentrationslager Auschwitz.
Bonn, Bundeskunsthalle
»PARA-MODERNE. LEBENSREFORMEN AB 1900«, 11. April bis 10. August
Nachhaltigkeit ist für die Bundeskunsthalle das große Thema 2025 – das gilt auch fürs Ausstellungsprogramm. Land-Renaturierung, das Bauen der Zukunft oder die Erforschung der Weltmeere werden Themen sein. Aus kulturhistorischer Perspektive will die Schau »Para-Moderne« die Sache in den Blick nehmen. Im Zentrum stehen die Lebensreformbewegungen, die um 1900 antraten und ein friedvolles Miteinander in Einklang mit der Natur propagierten. Anarchist*innen und Theosoph*innen, Vegetarier*innen und Pazifisten*innen suchten damals nach Wegen in eine alternative Zukunft. Gedanken und Ideen, die einst laut geworden waren, zogen bald weite Kreise und klingen deutlich nach. Die Schau verfolgt sie durch das 20. Jahrhundert hindurch bis in die Gegenwart.
Brühl, Max Ernst Museum
»HYPERCREATURES – MYTHOLOGIEN DER ZUKUNFT«, 22. März bis 5. Oktober
Mit Schere und Skalpell ging er zu Werke: Fein säuberlich zerlegte Max Ernst (1891-1976) die Abbilder menschlicher und nicht-menschlicher Körper, um sie anschließend in seinen Collagen zu neuen Kreaturen zusammenzufügen. Eine typische Methode des Surrealismus, die auch heute wieder vermehrt praktiziert wird. Dafür bringt die Schau im Max Ernst Museum Beispiele von rund 20 zeitgenössischen Künstler*innen zusammen: Mischwesen, die Elemente von Mensch, Tier, Maschine oder Pflanze vereinen und dabei auch auf gesellschaftliche Veränderungen oder aktuelle Entwicklungen in Wissenschaft und Technik reagieren.
Düsseldorf, Kunstsammlung NRW, K20
»CHAGALL«, 15. März bis 10. August
Die eigene Herkunft ist Kern seiner Kunst: Als ältestes Kind einer jüdisch-orthodoxen Familie wuchs Marc Chagall (1887-1985) in einer kleinen Stadt im heutigen Belarus auf. In seinen oft phantastisch-poetischen Bildern wird er später immer wieder vom Alltag und den Gebräuchen erzählen, aber auch von Ausgrenzung und Pogromen. Die Ausstellung im 40. Todesjahr des russisch-französischen Malers ist eine Kooperation der Kunstsammlung NRW mit der Albertina in Wien und zeigt rund 100 Werke aus allen Schaffensphasen. Ein Schwerpunkt liegt auf Chagalls frühen Arbeiten, entstanden zwischen 1910 und 1923, als der junge Künstler in Paris mit dem Fauvismus und dem Kubismus experimentierte, dabei die neuen Tendenzen mit jüdischen Motiven und russischer Folklore kombinierte. Zu entdecken sein wird in der Schau aber auch eine weniger bekannte dunkle und gesellschaftskritische Seite des Künstlers, mit Bildern, die bis heute ihre Relevanz nicht verloren haben.
Köln, Kolumba
»ARTIST AT WORK«, bis 14. August
Alle Jahre wieder eröffnet das Kolumba eine neue Ausstellung – dabei baut das Kunstmuseum des Erzbistums Köln fast immer auf die eigene Sammlung. Diesmal geht es darum, wie Kunst entsteht. Wie arbeiten Künstler*innen, und was macht ihr Tun zu Kunst? Die überaus vielfältigen Antworten auf diese Fragen geben in der Schau Werke aus neun Jahrhunderten – von Stefan Lochner über John Cage bis hin zu Susanne Kümpel. Das Spektrum reicht vom mittelalterlichen Epitaph des Kölner Dombaumeisters Konrad Kuyn, der 1445 vier christliche Steinmetze der Antike darstellte, bis zur raumfüllenden Kugelbahn, die Manos Tsangaris 1997 konstruiert hat. Auch Mladen Stilinović ist dabei, von dessen Arbeit »Artist at Work« sich die Kolumba-Schau bezeichnenderweise den Titel lieh. Sie zeigt die achtteilige Fotofolge, die 1978 in Stilinovićs Zagreber Atelier entstand und den Künstler persönlich bei der »Arbeit« zeigt – tagsüber im Bett dösend.
Köln, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud
»SCHWEIZER SCHÄTZE. IMPRESSIONISTISCHE MEISTERWERKE AUS DEM MUSEUM LANGMATT«, 28. März bis 27. Juli
Pissarro schaut aus dem Fenster auf den belebten Boulevard Montmartre mit zartgrün belaubten Bäumen. Monet wohnt nahe der Seine und malt den Fluss immer wieder – auch im Januar mit Eis, das gebrochen, in Schollen daher treibt. Und die »Badenden« von Cézanne lagern am blauen Wasser im Wald zwischen Bäumen, wobei sie sich allein schon malerisch mit der Natur ringsum verbinden. Drei von vielen Schätzen aus dem Schweizer Museum Langmatt, das eine der europaweit führenden Sammlungen zum französischen Impressionismus bewahrt. Weil das Haus – eine Jugendstilvilla in Baden, nahe Zürich – renoviert wird, schickt man die Schätze auf Reisen. Im Frühjahr werden sie für einige Monate im Wallraf gastieren und dort in Dialog mit impressionistischen Werken aus der hauseigenen Sammlung treten.
Mönchengladbach, Museum Abteiberg
»ARI BENJAMIN MEYERS. KUNSTHALLE FOR MUSIC IN MÖNCHENGLADBACH, ACT III«, 19. Januar bis 23. Februar
Ari Benjamin Meyers ist mit seiner Kunsthalle for Music schon länger in Mönchengladbach zu Gast. Im Sommer 2022 gab es einen Performance-Abend im Skulpturenpark, letztes Frühjahr eine Live-Musik-Ausstellung inmitten der Sammlung des Museum Abteiberg. Nun steht Act III an: Diesmal wird der 1972 in New York geborene, heute in Berlin lebende Komponist und Dirigent sich hinauswagen und ein »neues Lied für die Stadt« präsentieren. Dabei geht Meyers von Fan-Gesängen im Fußballstadion aus. Er will diese Lieder aus ihrem Kontext lösen und an diverse Orte in Mönchengladbach verpflanzen, wo sie per QR-Code hörbar gemacht werden sollen. Die Idee dahinter ist es, das Fußball- und das Kunstpublikum zusammenzubringen. Begleitend zum QR-Code-Konzert in der Stadt sind im Museum das »neue Lied« und das Making-of von Act III zu erleben.
Ratingen, Museum Ratingen
»FARBE UND LICHT. FOKUS AUF DIE SAMMLUNG«, 16. Februar bis 27. Juli
Gotthard Graubner spannt seine Leinwand über eine dicke Watte-Schicht, trägt die Farbe dann in vielen Lasuren auf und schafft so seine »Farbraumkörper«. Sybille Pattscheck malt mit Wachs und Pigment auf Acrylglas – ihre Arbeiten gleichen plastischen Lichtkörpern. Chen Ruo Bing bringt westliche und östliche Traditionen zum Schwingen in seiner abstrakten Farbmalerei. Und auch in Ulrich Erbens abstrakt-geometrischen Gemälden geht es zuallererst um Licht und Farbe. Im oberen Tageslichtsaal vereint das Museum Ratingen Werke, die mit jenen großen Themen der Malerei umgehen – aber jeweils zu ganz eigenen Ergebnissen finden. Das Spektrum erweitern Arbeiten der ZERO-Künstler, die auf andere Weise mit Licht spielen: Adolf Luthers Spiegelobjekte etwa oder Heinz Macks Lichtprismen.
Selm, Schloss Cappenberg
»HELLWEG KONKRET III. ÜBER FARBE UND RAUM«, bis 16. März
Zwei Künstlerinnen aus Köln machen gemeinsame Sache im Münsterland. Die eine, Frauke Dannert (Jahrgang 1979), interessiert sich vor allem für den architektonischen Raum und für das Medium der Collage. Für Schloss Cappenberg hat sie eine raumgreifende Wandmalerei entwickelt, deren organische Formen sich aus ihren Collagen ableiten. Daneben zeigt Dannert Papier-Collagen, in denen sie aus kopierten architektonischen Elementen florale Strukturen entstehen lässt. Derweil ist Erika Hock (Jahrgang 1981) eingezogen mit Skulpturen, die Sitzmöbeln gleichen, und mit Faden-Objekten, die an der Wand hängen oder als Lampen-Objekte für gemütliche Stimmung sorgen. Zu den eigenen zeitgenössischen Arbeiten haben Dannert und Hock für die Ausstellung historische Werke aus der Carlernst Kürten Stiftung ausgewählt und in eine Lichtinstallation gesetzt. Einen zweiten, eher historischen Part der Schau präsentiert bis zum 2. Februar das Museum Haus Opherdicke, wo vor allem Arbeiten von Carlernst Kürten (1921-2000) und Josef Albers (1888-1976) zu sehen sind.