Dass man für eine gute Strandlektüre nicht zwangsläufig einen Strand braucht, beweist der Literarische Sommer bereits seit 25 Jahren. Jedes Jahr zur Urlaubszeit lädt das grenzüberschreitende Literaturfestival zu Lesungen und Literaturspaziergängen ein. Über 400 Schriftsteller*innen waren mittlerweile schon zu Gast beim Festival. Neue Perspektiven – unter diesem Motto könnte man die thematische Auswahl der Autor*innen 2024 zusammenfassen. Einen Blickwechsel nimmt jedenfalls die Roermonder Autorin Octavie Wolters mit ihrem Bilderbuch für Erwachsene »Dit gaat nooit voorbij« vor, in dem sie die Welt aus Sicht der Vögel betrachtet, einen Raum für Natur in der Kunst und das Bewusstsein von Tieren schafft. Bei einem Spaziergang am 7. Juli über die Plantage Blankwater in Roermond, vorbei an Morast und Venn, will sie von ihrer Inspirationsquelle erzählen: »Es sind diese außergewöhnlichen Veranstaltungsorte, die den besonderen Reiz des diesjährigen Festivaljahrgangs ausmachen«, findet Ina Engelhardt, Projektleiterin des Literarischen Sommers. An einem gleichermaßen ungewöhnlichen Ort präsentiere so auch Ananda Serné ihren Debütroman »Nachtbloeiers«: Da der Roman von Schlaflosigkeit handelt, liest Serné in einem Bettengeschäft in Krefeld. Mit dabei ist auch Andrea Kluitman, die die »Nachtbloeiers« in »Nachtblüher« übersetzte. Ob ihr das Buch auch schlaflose Nächte bereitet hat? Wir erfahren es bei der Lesung am 25. Juli.
Viele der Geschichten des Festivalprogramms führen gedanklich ans Meer. So etwa der dritte und letzte Band von Monika Peetz‘ Sommerschwestern-Reihe »Flaschenpost aus der Vergangenheit«. Der Generationenroman spielt im malerischen Ferienort Bergen, die Autorin liest am 10., 11. und 12. Juli auf Niederländisch und Deutsch in Landgraaf, Weert und Meerbusch. Und auch die Saatgutzüchterin Elke aus Mariken Heitmans Roman »Wilde Erbsen« verschlägt es an die Nordsee: Bei dem Versuch, eine Ur-Erbse auszuwildern, trifft sie auf die mythische Figur Ra. Von dieser ungewöhnlichen Begegnung erzählt Heitman am 16. August im Kulturzentrum Rommerskirchen. Für den Violinist Simon, Hauptfigur von Stefan Mosters neuestem Roman »Bin das noch ich«, ist die See Ort seiner Identitätssuche: Als seine Finger beim Spielen anfangen zu streiken, nimmt sein bisheriges Leben als Musiker ein Ende. Von der Suche nach einem neuen Ich erzählt Moster am 20. August in der Stadtbibliothek Neuss. Die Frage nach kultureller Identität spielt in Lize Spits neuem Roman »Der ehrliche Finder« eine Rolle. Zwei Jungs, die unterschiedlicher nicht sein könnten, drücken gemeinsam die Schulbank: Tristan Ibrahimi ist vor dem Krieg in seiner Heimat durch ganz Europa geflohen. Im beschaulichen Bovenmeer trifft er den einsamen Jimmy, der Tristan seine Welt zeigt. Die flämische Autorin Spit erzählt am 21. und 22. August in Brunssum und Willich von der besonderen Freundschaft ihrer Protagonisten.
Wer Geschichten lieber an der frischen Luft erleben will, sollte außerdem die Literaturspaziergänge mit Expert*innen nicht verpassen: Ob beim »Poëzie-wandeling« durch Venlo (15. Juli und 13. September) oder Amsterdam (23. und 24. August), beim Flanieren durch die Literaturszeneviertel Aachens (27. und 28. Juli) oder in Erinnerung an Autor*innen auf dem Melaten-Friedhof (13. Juli): Auf poetischen Spuren zu wandeln, fühlt sich doch immer ein bisschen an wie eine große Reise – auch ganz ohne Meer.
August bis September