Neben großen Namen wie Navid Kermani, Helene Hegemann oder Bela B. bot die lit.Cologne in diesem Jahr auch wieder Neuentdeckungen eine Bühne. Während 2017 Takis Würger mit dem Debütpreis des Festivals geehrt und 2023 Esther Schüttpelz für ihren Roman »Ohne mich« ausgezeichnet wurde, gingen in diesem Jahr drei Schriftsteller*innen ins Rennen. Neben Mirianne Mahn mit ihrem Roman »Issa« und Katrins Schumachers »Liste der gebliebenen Dinge« war auch der gebürtige Wittener Kaleb Erdmann mit seinem Roman »wir sind pioniere« nominiert – und wurde ausgezeichnet.
Erdmann sammelte im Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig sowie auf Spoken-Word-Bühnen Erfahrungen. Er lebt in Düsseldorf und schreibt neben eigenen Texten vor allem für Fernseh- und Unterhaltungsformate wie »Top News«, Till Reiners »Happy Hour« oder »One Mic Stand«. Dabei zeigt er in »wir sind pioniere«, dass er weit mehr kann, als Gags für Satire-Shows zu produzieren.
Seine Geschichte ist schnell erzählt: Bruckner und Vero befinden sich in einer offenen Beziehung und sie ist schwanger. Er erwartet, dass sie nun mit Keno, ihrer Zweitbeziehung, Schluss macht, denn jetzt ist schließlich Pasta-Kochen und die Einrichtung des Vater-Mutter-Kind-Modells angesagt. Man könnte hier einwenden, man habe es mit einem »zeitgeistigen« Roman zu tun. Er, Moderator für Medienevents – sie, gescheiterte Architektin, die sich neben dem Gastrojob auf Selbstfindung durch das Malen von hässlichen Hunden befindet. Man könnte hier einwenden, dass eine konsequente Kleinschreibung ohne Interpunktion auch heutzutage wohl niemanden mehr hinter dem Ofen hervorlockt. Doch das sind nur die Eckdaten auf dem Papier. Zwischen hippen Beziehungsmodellen und Erste-Welt-Problemen tut sich etwas Wunderbares hervor: literarisches Talent. Kaleb Erdmann erschafft einen Fluss von Gedanken, der die Leser*innen teilhaben lässt an einem Scheidepunkt des Lebens. »wir sind pioniere« zeigt auf, was Literatur eben auch vermag: Die kleinen Dinge sichtbar zu machen und Perspektiven zu wechseln.
Kaleb Erdmanns Debütroman »wir sind pioniere« ist erschienen am
29. Februar bei Ullstein (176, Seiten, 20 Euro).