»Welt im Wandel«: Das LVR-Landesmuseum Bonn lädt zur Wiedereröffnung seiner Dauerausstellung.
Vor Jahrzehnten, in der Hochzeit der Blockbuster-Ausstellungen, wurden Museen in erster Linie daran gemessen, welche – möglichst spektakulären – Sonderausstellungen sie ausrichteten. Inzwischen hat sich der Wind im Kunstbetrieb gedreht. Das Arbeiten mit der eigenen Sammlung rückt immer stärker in den Vordergrund. »Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande«, diese landläufige Ansicht entkräften zahlreiche Museen, indem sie ihre oft verborgenen Schätze aus dem Depotschlummer erlösen und sie zum Vorschein bringen – wissenschaftlich fundiert und einfallsreich arrangiert.
Ein idealer Kandidat für solche Neuentdeckungen des vermeintlich Bekannten ist das LVR-Landesmuseum Bonn. Das einzige kulturgeschichtliche Museum im Rheinland bewahrt Zeugnisse der Archäologie, Kunst- und Kulturgeschichte aus über 400.000 Jahren. Drei Jahre lang hat das Team rund um Direktor Thorsten Valk an einer neuen Dauerausstellung getüftelt: »Welt im Wandel. Das Rheinland vom Mittelalter bis Morgen«, so lautet das Motto der Präsentation, die zu einer Zeitreise durch die Kunst- und Kulturgeschichte einlädt. Vom 10. Jahrhundert bis zur Gegenwart erstreckt sich die Tour durch das geschichtsträchtige Bonner Museum, das 1820 als »Antiquitätenkabinett Rheinisch-Westphälischer Alterthümer« gegründet wurde. Ein zweiwöchiges Eröffnungsfestival lockt bis zum 15. Oktober mit zahlreichen Veranstaltungen und kostenlosem Eintritt.
»Wir wollen die Geschichte des Rheinlands neu erzählen und unsere Kulturregion als eine Welt zeigen, die seit dem Mittelalter in stetem Wandel begriffen ist«, erläutert Thorsten Valk das Konzept der Neupräsentation. »Wie haben die Menschen im Rheinland gelebt? Mit welchen Herausforderungen sahen sie sich konfrontiert? Auf welche Zukunft haben sie gebaut?«
Viele Fragen, viele Exponate
Viele Fragen, viele Exponate: Rund 400 Skulpturen, Gemälde, Grafiken, Fotos und kunsthandwerkliche Objekte belegen, dass der Wandel im Rheinland allzeit eine feste Konstante war. Zu den frühesten Werken, die bei der »Welt im Wandel« ins Blickfeld rücken, zählen die Reliefs der Gustorfer Chorschranken; ein unbekannter Kölner Meister vergegenwärtigte den Lebensweg Jesu um 1140. Ergreifend bis zum heutigen Tag die um 1360 geschnitzte Pietà Roettgen: Maria betrauert ihren vom Kreuz abgenommenen Sohn, dessen geschundenen Leichnam sie in ihre Arme schließt. Durch die Beschreibung in Thomas Manns Roman »Der Zauberberg« hat die gotische Figur eines anonymen mittelrheinischen Meisters zudem Eingang in die Literaturgeschichte gefunden.
Kunstreichtum und Prunkliebe des Barocks verkörpert ein Antwerpener Kabinettschrank mit Szenen aus Ovids Metamorphosen, der im 17. Jahrhundert gefertigt wurde. Zur Kategorie »virtuoses Mobiliar« gehört auch David Roentgens zierlicher Verwandlungstisch (um 1785) – auf engstem Raum beherbergt er eine Fülle von Funktionen und Geheimfächern.
Die Kunst des 19. Jahrhunderts repräsentieren beispielsweise Gemälde der Düsseldorfer Malerschule. Was die Moderne angeht, so empfiehlt sich beim Rundgang die Betrachtung der Werke von Joseph Beuys, Mary Bauermeister, K.O. Götz, Ewald Mataré, Ulrike Rosenbach oder Günther Uecker. Den Bogen ins Morgen schlägt schließlich das »Museum der Zukunft«, das im Zentrum der Ausstellung zum Austausch über aktuelle Themen und Zukunftsfragen anregt.
Beim Eröffnungsfestival erwarten das Publikum Workshops für Kinder und Erwachsene, Führungen, Talks und Lesungen, Konzerte, Kinoabende und vieles mehr. Fazit: Die Herbstoffensive des LVR-Landesmuseum Bonn lässt aufhorchen und dürfte auch über das Rheinland hinaus reichlich Resonanz finden.
»Welt im Wandel. Das Rheinland vom Mittelalter bis Morgen«
Eröffnungsfestival bis 15. Oktober
LVR-Landesmuseum Bonn