Schlüsselfertig in nur vier Wochen! Der Dortmunder Wohntraum war weiß und er hatte ein Flachdach. Gerade richtig für eine Familie. Schließlich sorgten die raumhohen Fenster nicht nur für viel Licht. Die Wände waren rostfrei, ja sogar abwaschbar. Und ein Bild hielt hier ganz einfach mit Magnet – schließlich hatte Hoesch nicht irgendein Material verbaut. Sondern Platal, Stahlblech, beschichtet mit PVC. Sozusagen deutsche Wertarbeit! 1959 war der neue Verbundstoff entwickelt worden, einige Jahre danach ließ der Weltkonzern ein erstes Stahlhaus auf Mallorca errichten. Bis 1963/64 der Prototyp im Ruhrgebiet in Serie ging: In Dortmund-Kleinholthausen entstand eine Siedlung mit 261 Wohneinheiten für »höhere Konzernangestellte«. In drei verschiedenen Typen, wahlweise mit zweiter Terrasse oder kompletter Küche.
»Sie sind alle noch da«, sagt Philipp Robien und muss schmunzeln. Denn abgerissen ist bis heute tatsächlich keiner der Stahlbauten von einst – aber verändert haben sie sich fast alle. In einer Serie für das Hoesch-Museum hat der Kölner Architekturfotograf dokumentiert, was aus den schlüsselfertigen avantgardistischen Bauten im Laufe der Jahre wurde. Wie ihre Bewohner Grün und Garagen hinzufügten, Holzverkleidungen, Wintergärten und Satteldächer. Aber ein einziges Haus so beließen, wie es immer schon war: Hell, praktisch, schlicht.
Fertighäuser aus Stahl waren bereits Mitte der 1920er Jahre in England entwickelt worden. Das erste deutsche Modell wurde 1927 auf der Leipziger Baumesse vorgestellt – nach dem Zweiten Weltkrieg trieben dann Firmen wie Hoesch, MAN oder Krupp die Weiterentwicklung voran. Um das Projekt wirtschaftlich zu gestalten, hatte Hoesch ursprünglich 5000 Stahlhäuser im Jahr bauen wollen. Bis zur Einstellung der Produktion 1969 entstanden weltweit aber nur an die 200 – nicht nur in Dortmund, sondern auch in Darmstadt, Münster und Hamm sowie als Stützpunkte der Autobahnpolizei.
Ein mobiles Heim im Revier, lange vor den Tiny Houses unserer Zeit. Ein kurioses Stück Architekturgeschichte, das jetzt zum größten Exponat des Hoesch-Museums in der Nordstadt wird: 141 Quadratmeter Wohnträume von einst bekommen auf dem Gelände der ehemaligen Westfalenhütte ein neues Zuhause. Und eine eigene Inventarnummer.
Hoesch-Museum Dortmund
Eberhardstraße 12