Wegen seiner Industrieanlagen war das Ruhrgebiet Ziel unzähliger Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg. Als Schutz für die Bevölkerung wurden Bunker gebaut – einige dienen heute als Lagerräume oder Wohnungen. Andere der Kunst – als Museen, Urban-Art-Galerien oder Clubs.
Der Kunstbunker von Bochum
Überraschend licht präsentiert sich das Entrée des Kunstbunkers in der Bochumer Baarestraße 68 – mit breiter verglaster Eingangstür und einem entsprechenden Fenster genau gegenüber. Der Hochbunker hatte an dieser Stelle ursprünglich eine Durchfahrt, wahrscheinlich zur bombensicheren Verladung wichtiger Güter. Die Wände aber sind roher Beton, bestens geeignet zur Präsentation von Kunstwerken. Seit Mai 2022 sitzt hier der Bochumer Künstlerbund, regelmäßig finden Ausstellungen statt. Das robuste Gebäude steht in der Siedlung Stahlhausen, wurde 1941 errichtet und zuletzt von einem Bauunternehmer mit Fenstern und Loft-Wohnungen auf dem Dach versehen. Die Verklinkerung, die wegen Materialmangels im Krieg auf etwa zwei Metern Höhe endete, wurde nach oben gezogen. In einer Hälfte des unteren Teils ist der Fundus der Ruhrtriennale untergebracht, 240 Quadratmeter im restlichen Teil gehören dem Projekt »Kunstbunker« der Künstlerin Uta Hoffmann.
Bochum | Baarestraße 68
Ausstellung »Organismus: Bunker«, bis 14. Januar 2023
Das Bunkermuseum von Oberhausen
Einen authentischen Einblick in einen Schutzbunker aus dem Zweiten Weltkrieg bekommen Besucher seit 2001 im Bunkermuseum in Oberhausen. Zum 20-jährigen Bestehen wurde die Dauerausstellung »Heimatfront« neu gestaltet. Sie thematisiert, was der Luftkrieg für die Menschen bedeutete und schafft auch Bezüge zur Gegenwart.
Oberhausen | Alte Heid 13
Das Bunkermuseum von Hagen
Das private Bunkermuseum in Hagen vermittelt Geschichte erlebnisorientiert: Es gibt eine Bunker-Führung mit Fliegeralarm oder sogar ein »Bunker-Game«. Der 1942 fertiggestellte Hochbunker bot in 132 Räumen Platz für etwa 1200 Menschen, wobei die Räume schon während des Krieges von ausgebombten Familien als Schlafplatz angemietet werden konnten. Nach dem Krieg wurde aus ihm ein – fensterloses – Hotel, dann diente er als Lager, beherbergte eine Fahrschule, war Vereinsstätte des Handballvereins Hagen und eines Schießvereins. Heute wird er als Requisiten-Lager vom Stadttheaters genutzt. Weitestgehend im Originalzustand ist heute noch das Untergeschoss, in dem sich Technik und Einrichtungsgegenstände befinden. Dort wird auch eine im Hagener Stadtgebiet gefundene, entschärfte 250-Kilo-Fliegerbombe ausgestellt.
Hagen | Bergstraße 98
Der Goethebunker von Essen
Einschusslöcher in der Fassade sind der deutlichste Hinweis auf die frühere Funktion des ehemaligen Hochbunkers in Essen Rüttenscheid. Das Gebäude an sich ist sonst eher unscheinbar, liegt leicht zurückgesetzt und wirkt wie eine alte, zweigeschossige Lagerhalle. Die meterdicken Bunkerwände aber sorgen dafür, dass der Club darin auch nachts im Wohngebiet nicht stört. Und sie begründen die ganz besondere Club-Atmosphäre, weit ab von Schickimicki und Glamour. Authentisch wie das Ruhrgebiet eben – vor allem aber mit guter Musik: Regelmäßig kommen erstklassige DJs für inzwischen legendäre Minimal-Partys hierher. Zu hören gibt es auf zwei Floors aber auch House oder Hip-Hop. Und wer sich über das Pferd im Club-Logo wundert – vor der Übernahme durch den Club befand sich hier ein Geschäft für Reitbedarf.
Essen | Goethestraße 67
Der Bottroper Galerie-Bunker
Der Bunker am Eigener Markt in Bottrop ist eine Galerie – aber außen, nicht innen. Und das im Großformat. Eine Unterkonstruktion aus Stahl im oberen Bereich der Fassade dient als Bildhalter für die fast drei mal drei Meter großen Aluminiumplatten, auf die die Bilder gedruckt werden. Seit 2019 ist die Fotoserie »Bottrop im Detail« in 63 Bildern zu sehen, die aus Vorschlägen von Bürgern entstand. Die erste Ausstellung fand im Rahmen von »Ruhr.2010« am Hochbunker aus dem Jahr 1941 statt. Er ist einer von insgesamt vieren in Bottrop, mit ehemals knapp 500 Plätzen auf sieben Stockwerken.
Bottrop | Gladbecker Straße
Der Dortmunder Urban-Art-Bunker
Zwei Street-Art-Künstler haben einen ehemaligen Hochbunker in Dortmund im Auftrag des Museums für Kunst und Kulturgeschichte zur Leinwand gemacht: Die vordere Fassade gestaltete der Bremer Künstler Tobias Kröger mit dicken schwarzen Linien, die sich als amorphe Gebilde wie zufällig auf der weißen Grundfläche verteilen. Die Rückseite wurde von Tomislav Topic aus Berlin mit Farbverläufen aus Blautönen versehen, die mit roten und gelben Flächen kontrastieren. Der Bunker selbst ist heute als solcher allerdings nicht mehr zu erkennen, er verfügt über »ganz normale« Fensterfassaden und war einst auch Sitz des Stadtmuseums.
Dortmund | Rittershausstraße 34
Die Marler Ei-Bunker
Seit Anfang 2022 setzt sich die Medienkünstlerin Anne Arndt im Rahmen des Projektes »Stadtbesetzung« intensiv mit der Stadtgeschichte Marls auseinander. Dabei stieß sie auf mehr als 20 eiförmige Betonbunker, die während des Zweiten Weltkriegs jeweils bis zu zehn Personen Schutz boten. Eines dieser »Marler Eier« hat sie gereinigt – in einer Performance, die sich unter dem Titel »Bereitschaftssiedlung – Bereit?« ganz aktuell auch damit beschäftigt, wie es eigentlich heute um die Infrastruktur zum Schutz der Bürger*innen steht. Die Reinigungsaktion soll schließlich Teil einer Videoarbeit werden.
Und sonst?
…wurde übrigens die Kunsthalle Recklinghausen 1950 in einem ehemaligen Hochbunker eingerichtet. Sie sollte die Ruhrfestspiele mit Ausstellungen bildender Kunst ergänzen. In Gelsenkirchen kann man sogar in einem Rundbunker entspannen: Eine Salzgrotte imitiert Meeresluft und kann als Wellness-Anwendung zum Wohlbefinden beitragen. Der Kletterverein Duisburg hat einen Hochbunker zum Kletterzentrum ausgebaut, mit Routen innen und außen.