Prominente Namen, viele Galerien aus Belgien und den Niederlanden und ein neuer Sektor – es gibt einige gute Gründe, die nächste Art Cologne zu besuchen. »Art + Object« nennt Messe-Chef Daniel Hug die Zone, wo bildende Kunst und Kunsthandwerk aufeinandertreffen. Weil immer mehr und vor allem jüngere Künstler*innen in die Gesellschaft hineinwirken wollen, ist die einst sakrosankte Unterscheidung zwischen »autonom« und »angewandt« ohnehin fragwürdig geworden. Sinnvoll also, dass »Art + Object« zusammenbringt, was zusammengehört. Sebastian Jacobi, der mit seiner Frau Andrea in Bad Ems den Modeshowroom »meinweiss« betreibt, hat das Kunst-und-Design-Crossover kuratiert. Im Mittelpunkt steht eine Sonderschau der saarländischen Textilkünstlerin Sophie Dawo (1926-2010), präsentiert vom Berliner Designhändler Jochum Rodgers.
Dass mit der Pionierin der Webkunst eine Frau im Zentrum dieses Sektors der Kölner Messe steht, ist vielleicht kein Zufall. Powerfrauen und Frauenpower prägen jedenfalls das Bild dieser 55. Ausgabe, was sich auch darin widerspiegelt, dass der Art-Cologne-Preis in diesem Jahr an eine Galeristin geht: Monika Sprüth nimmt die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung, verliehen von der Koelnmesse und dem Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler, am 17. November im Historischen Rathaus entgegen. Trotz Hauptsitz in Berlin und Dependancen in London und den USA (Los Angeles und New York) ist Sprüth so etwas wie ein Kölner Urgestein. In der Domstadt eröffnete die aus Memmingen stammende Händlerin (Jahrgang 1949) 1983 ihre erste Galerie, hier schloss sie Ende der 1990er Jahre eine Allianz mit Philomene Magers. Nicht zuletzt: Sprüth Magers, seit 2008 zuhause an der Oranienburgerstraße, nahe der Berliner Museumsinsel, setzten früh auf ein Programm mit starken weiblichen Akzenten – mit Künstlerinnen wie Sylvie Fleury, Anne Imhof, Rosemarie Trockel oder Andrea Zittel.
Versteht sich, dass die Galerie Sprüth Magers auch auf der Aussteller*innen-Liste der Messe stehen. Gemeinsam mit Karsten Greve, Max Hetzler, Hans Mayer, Thaddaeus Ropac oder Rosemarie Schwarzwälder zählt das Duo zu den Platzhirschen. Hierzulande weniger bekannt, aber vielleicht gerade deshalb besonders bemerkenswert sind die acht belgischen und sieben niederländischen Galerien, die nach Köln reisen. Die Amsterdamer Smith Davidson Gallery zeigt australische Aboriginal Art – ein Segment der Weltkunst, das bislang bei der Art Cologne fehlte.
Klassische Moderne und Nachkriegskunst
Klassische Moderne und Nachkriegskunst gehören seit je zu den Vorzeige-Kunstrichtungen der Art Cologne, die 1967 als »Kölner Kunstmarkt« gegründet worden war. Auf der Hallenebene 11.1 findet man unter anderem Boisserée (Köln), derdaberlin, Henze & Ketterer & Triebold (Wichtrach/Riehen, Schweiz), Knoell (Basel), Ludorff (Düsseldorf) und Samuelis Baumgarte (Bielefeld). In der Nachbarschaft der etablierten Kunstströmungen lockt die zeitgenössische Kunst zum vergleichenden Sehen. Pars pro toto erwähnt seien die Galerien Judith Andreae (Bonn), Gisela Capitain (Köln), Mike Karstens (Münster), Löhrl (Mönchengladbach) und Thomas Zander (Köln). Ergänzt werden diese beiden Hauptsäulen durch zwei weitere, ebenfalls tragende Elemente der Messe: den Sektor »Neumarkt« (junge Galerien) und den Bereich »Collaborations« (Einzel- und Gemeinschaftsstände von Galerien, die »Interpretationen kollaborativer künstlerischer Arbeit« präsentieren).
Im Rahmenprogramm der Kölner Messe schließlich stechen drei weitere Preisverleihungen hervor. Gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine (ADKV) vergibt die Art Cologne einen Preis für Kunstkritik sowie einen Preis für Kunstvereine. Welcher Kunstjournalist die mit 5000 Euro dotierte Auszeichnung bekommt, war bei Redaktionsschluss ebenso wenig bekannt wie der Name des Kunstvereins, dessen Arbeit mit 8000 Euro unterstützt wird. Auch der Wolfgang-Hahn-Preis gehört zu den unverzichtbaren Beigaben der Messe. Der britische Farbfeld-Maler Frank Bowling erhält ihn am 15. November. Der 1934 im südamerikanischen Guyana geborene Künstler lenkte als Redakteur des New Yorker Arts Magazine den Blick früh, zu Beginn der 1970er Jahre auf die damals wenig beachtete afroamerikanische Kunst. Bei der Auszeichnung, die an den Kölner Sammler und Gemälderestaurator Wolfgang Hahn (1924-1987) erinnert, handelt es sich um einen Ankaufspreis: Bis zu 100.000 Euro investiert die Gesellschaft für Moderne Kunst am Museum Ludwig für ein Werk des Preisträgers, das in die Sammlung des Museums übergeht. Zudem erhält der Künstler mit dem außerordentlichen Gespür für Farbpigmente, Wachs und Mal-Gel eine Einzelausstellung im Museum Ludwig, die vom 16. November bis 12. Februar 2023 gezeigt wird.
Art Cologne
Preview: 16. November
Vernissage: 17. November
Besucher*innen-Tage vom 18. bis 20. November