Monheim, eine Kleinstadt zwischen Düsseldorf und Köln: Die Häuser wirken eher bieder, das klassische Kleinstadtleben nimmt hier seinen Lauf, einen eigenen Bahnhof hat Monheim nicht. Zunächst ist noch nicht viel von den vergangenen zwei Tagen und der musikalischen Weltreise zu sehen. Nur eine aufgerissene Straße, ein paar Pavillons und eine Handvoll Menschen. Die Sonne scheint, der Rhein ist nebenan.
In diesem Jahr findet hier eine Triennale zum ersten Mal in voller Größe statt, nachdem im letzten Jahr nur „The Prequel“, eine abgespeckte Corona-Variante des Festivals, über die Bühne ging. Das Festival soll dabei ein Abbild aktueller internationaler Musik werden, von Kompositionen Neuer Musik über Jazz bis hin zu Folk aus der ganzen Welt.
Die ersten Konzerte des Tages finden im Sojus 7, einem soziokulturellen Zentrum, das seit 1988 in Monheim besteht, statt. Trotzdem scheint es, als würde zur Triennale alles neu gemacht werden. Auch das Sojus 7 ist noch in ein Baugerüst gehüllt – es entsteht gerade neu. Im Raum sind vielleicht 50 Leute, die Stimmung ist familiär und intim.
Geführt wird das Festival von Reiner Michalke, bekannt als langjähriger künstlerischer Leiter des Stadtgartens in Köln und des Moers-Festivals. Seine musikalische Handschrift lässt sich dabei auch im Programm deutlich erkennen. Einige der Musiker*innen haben wohl die einen oder anderen interessierten Konzertbesucher bereits im Rahmen der Jazzkonzerte im Stadtgarten oder in Moers erleben dürfen. Michalke geht es dabei aber nicht nur um die Stammhörer, sondern auch darum, die Monheim Triennale als internationalen Dreh- und Angelpunkt in NRW zu manifestieren und ein neues Publikum für Gegenwartsmusik in jedweder Form zu begeistern. Die Triennale hat auch keine Bands, Projekte oder Kollektive eingeladen, sondern einzelne Künstler*innen, die in unterschiedlichen Formationen zusammen musizieren. Unter den 16 Musiker*innen finden sich Lokalmatadore wie der WDR-Jazzpreisträger und Kontrabassist Robert Landfermann oder der Kölner Elektroakustik-Komponist Marcus Schmickler, aber auch internationale Künstler*innen wie die Saxophonriesenlunge Colin Stetson, Multiinstrumentalist und Tausendsassa Shazad Ismaily oder die ethiopisch-schwedische Weltenbürgerin und Sängerin Sofia Jernberg.
Nach den ersten Konzerten geht es aufs Boot. Die Triennale findet an verschiedenen Orten in ganz Monheim statt. Eine Hauptspielstätte ist dabei die „Rheingalaxie“, ein 85 Meter langer, moderner Ausflugsdampfer mit Platz für zwei Bühnen und einem Außendeck zum Sonne tanken. Während der Rhein neben und unter uns glitzert, präsentieren unter anderem Robert Landfermann und Ava Mendoza ihre Signature-Projekte. Dies sind Kompositionen, die Künstler*innen exklusiv für die Triennale geschrieben und entwickelt haben. Dabei arbeiten sie gemeinsam mit Licht-Künstlerinnen (SUE-C), sowie anderen hochkarätigen Künstler*innen und huldigen dabei dem Rhein (Marcus Schmickler) oder aber ihrer Geburtsstätte Oberwinter (Robert Landfermann).
Mindestens so ereignisreich wie die Signature-Projekte sind die Bands, die scheinbar spontan auf diesem Festival zusammenfinden, auch wenn Sie vorher gar nicht ausgeschrieben waren. So taucht bei der Krautrock-Drehleier-Performance von Philipp Sollmann, Konrad Spenger und Oren Ambarchi auch plötzlich Greg Fox, gleichermaßen begnadeter Metal- und Jazz-Schlagzeuger, auf. Oder plötzlich sitzt Synthesizerlegende Thomas Lehn zwischen Stian Westerhus, in dieser Kombination nur mit Stimme und Laptop, und Vokalistin Jennifer Walshe auf und treibt das plötzliche Trio in eine Free-Jazz-Kaskade, dass man die Mundwinkel nur schwer unten lassen kann.
Saxophonist Colin Stetson hat gemeinsam mit seiner Band Ex Eye, bestehend aus den bekannten Gesichtern Shahzad Ismaily, Greg Fox und Toby Summerfield, die 24-jährige Schottin und Dudelsackspielerin Brighde Chaimbeul eingeladen. Als wären nicht schon genug Szenegrößen auf der Bühne, taucht plötzlich wieder Stian Westerhus, nun doch mit Gitarre, auf und komplettiert das Star-Ensemble. Das Ergebnis ist eine Soundwand, die sich, man hätte es sich ob der Instrumentierung eher weniger denken können, in einen Black-Metal-Ambient-Teppich verwandelt und nicht nur Colin Stetson ins Schwitzen bringt.