Nichts weniger als den »Versuch einer Liebeserklärung« hatte er auf den Weg bringen wollen. Als Wolfram Eilenbergers Zeit als »Metropolenschreiber Ruhr« zu Ende ging, legte er einen Essay-Band mit entsprechendem Titel vor. Und damit eine von unzähligen ähnlichen Veröffentlichungen, die mit dem Versprechen verbunden sind, das noch nicht entdeckte Ruhrgebiet zu erschließen.
Einen solchen Versuch, das »unbekannte« Ruhrgebiet zu beschreiben, will Per Leo nicht unternehmen. Vielmehr will er sich in einem Essay mit Erinnerungen und Erinnerungskultur auseinandersetzen. In Folge seiner letzten Veröffentlichung »Tränen ohne Trauer. Nach der Erinnerungskultur«, eine kritische-polemische Auseinandersetzung mit der Erinnerungskultur um den Holocaust.
Per Leo hält die Forschungen im Ruhrgebiet zur Vergangenheit der Region in den Jahren 1930 bis 1960 für außergewöhnlich, die insbesondere von Wissenschaftler*innen rund um Lutz Niethammer Anfang der 1980er Jahre durch die Befragung von Zeitzeugen unternommen wurden. Mit dem Mittel der »Oral History« hatte damals die Geschichte des Alltags der »kleinen Leute« im Mittelpunkt gestanden.
In seinem geplanten Essay soll es nun um die Aussagekraft der »Oral History« im Gegensatz zur Praxis der gängigen Erinnerungskultur gehen. Sein besonderes Interesse gilt dabei den Forschungen des Historikers Michael Zimmermann, der auch zum Niethammer-Team zählte und sich nach Abschluss des Niethammer-Forschungsprojekts intensiv mit der Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma im Nationalsozialismus beschäftigt hat. Die dabei aufgetretenen Differenzen zwischen Michael Zimmermann und den Ergebnissen seiner Quellenforschung auf der einen Seite und den Opferzahlen des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma auf der anderen Seite will Per Leo als Fallbeispiel der Erinnerungskultur analysieren. Man darf gespannt sein, was er herausfindet.