An der Adria-Küste, in Rimini, wurde Federico Fellini 1920 geboren. Er starb 1993 in »Roma«, der Stadt, die er nicht nur im gleichnamigen Film von 1972, sondern unter anderem auch in seinem Sittengemälde »La dolce vita« mit der berühmten Szene im Trevi-Brunnen porträtiert hat. Rimini aber lebt in »Amarcord«. Der Titel im Dialekt der Emilia Romagna meint ‚Ich erinnere mich’ und ist das Künstler-Perpetuum mobile schlechthin: als eines Traums von sich selbst, als Fantasie des Kindes, das jemand bis ins Alter bleibt. Der fünffache Oscar-Preisträger – neben Ingmar Bergman, dem dunklen Träumer des Nordens, die Jahrhundertfigur des Kinos – hat seine Obsessionen und seine unschuldig ergreifende Naivität wie kein zweiter Filmemacher in Bilder und Bildgeschichten verwandelt: über begehrenswerte und darin Furcht erregende Frauen, über Männer, für die Marcello Mastroianni sein Alter Ego wurde und einmal Donald Sutherland als Lustmaschine »Casanova«, und über den Triumph der Fantasie.
Das Nashorn, das am Ende von »E la nave va« auf einem Kulissen-Meer schippert, ist dafür Symbol und Signet. Fellini – das ist ein Leben im Halbschatten der katholischen Kirche, ein Leben mit Giulietta Masina, seiner Frau und Hauptdarstellerin in seinem frühen neorealistischen Welterfolg »La Strada« über »Julia und die Geister« bis zu »Ginger and Fred«, ist ein Leben mit den Clowns, denen er ebenfalls einen Film widmete. Mit »Achteinhalb« hat er den vermutlich wichtigsten Film über das Filmemachen selbst gedreht. Wenigen ist vergönnt, dass ihr Name zum Synonym für etwas wird: Wir sagen kafkaesk und fellinesk und wissen, was gemeint ist. Fellini, Zirkusdirektor im theatrum mundi und in Italien quasi heilig gesprochen, war ein ingeniöser Zeichner seiner Ideen, der in jungen Jahren Geld verdiente mit Humoresken und Karikaturen. Er skizzierte Szenen, Motive, Figurationen, Kostüme, Stimmungsbilder. Das Folkwang Museum in Essen bietet nun in einer Ausstellung etwa 200 Papierarbeiten aus der Sammlung Jakob und Philipp Keel, Zürich, auf. Unsere Abbildung zeigt die 1972 gezeichneten drallen Marktfrauen auf Rädern, gegen die selbst Anita Ekberg flachbusig erscheinen muss.
12. November bis 20. Februar 2022
www.museum-folkwang.de