Der graue Filzanzug ist auch dabei. Weit und knopflos hängt er samt Bügel an der Wand. Auf der Innenseite, genau dort, wo sonst das Schildchen mit der Marke eingenäht ist, hat Joseph Beuys dem berühmten Zweiteiler den eigenen Namen eingeschrieben. Das Multiple von 1970 ist längst mehr Kult als Kleidungsstück. Vielleicht könnte man ihn sogar als Fetisch sehen – auch wenn ihm dieser Status wohl viel eher von der Kunst- als von der Modewelt zuerkannt würde. In die Ausstellung der Sammlung Ahlers passt das kuschelige Kunstobjekt trotzdem sehr gut.
Denn parallel zur Schau im Marta Museum beschäftigt man sich dort ebenfalls mit Mode, allerdings unter anderen Vorzeichen. »Fetische des Blicks« heißt die Ausstellung und sie verfolgt ihr Thema von der Moderne bis in die Gegenwart. Auf dem Weg begegnet man etwa Toulouse-Lautrecs »Mademoiselle Marcelle Lender« mit modischem Hut und einer aufreizenden »Varietétänzerin« von Ernst Ludwig Kirchner. Weiter geht’s mit Andy Warhols angemaltem »Shoe« aus Holz, einem gut verschnürten »Package« von Christo und Dieter Roths »Kleinem Hutsalat« von 1975.
Zu den neueren Werken zählen etwa Jan Henderikses gefaltete Dollarscheine in T-Shirtform und ein paar motorisierte Slim Fit-Hemden von Ursula Neugebauer. Schöpfen kann die Schau aus dem reichen Fundus der 1995 von dem Textilunternehmer und Kunstsammler Jan A. Ahlers und seiner Tochter Stella Ahlers gegründeten Stiftung Ahlers Pro Arte. Das Männermode-Unternehmen dahinter produziert seit gut hundert Jahren in Herford – allerdings keine knopflosen Filzanzüge.
11. September bis 16. Januar 2022
ahlers-proarte.com