Der »Schalker Markt« in Gelsenkirchen und die Dortmunder Brücke an der Mallinckrodtstraße, wo auch der Emscherradweg kreuzt – sie sind schwierige Orte der Urbanität. Genau das aber reizt die Organisator*innen der Projektplattform »Transurban«, die von Juli bis September Künstler*innen dorthin schicken, wo die Stadt noch nicht – oder nicht mehr – existiert.
Sie nennen sich »Transurban« und ihr Arbeitsfeld ist nichts weniger als das gesamt Land. Als der Kölner Kunstverein »artrmx e.V.« 2015 die kollektive Projektplattform gründete, hatte man ganz NRW im Blick. Los ging es mit Künstlerresidenzen in Köln, Düsseldorf und Dortmund, 2017 folgten dann Bochum, Essen und Hagen, im kommenden Jahr soll es um den Gegensatz von Stadt und Land gehen. Bevor es so weit ist, werden 2021 nun noch zwei Orte in Gelsenkirchen und Dortmund erforscht, denen eines gemeinsam ist: sie werden von Hochstraßen förmlich erdrückt. Ab Juli arbeiten die Künstler*innen von Ya Plus K aus Frankreich am Schalker Markt, ab Mitte August startet Roberto Cuellar an der Brücke Mallinckrodtstraße in Dortmund.
»Die Kunst, die entsteht, ist völlig frei«, sagt Georg Barringhaus, der künstlerische Leiter von Transurban. Es ginge keinesfalls darum, Künstler*innen zu instrumentalisieren, um die Versäumnisse von Politik und Stadtplanung auszubügeln. Auf der anderen Seite beinhalten die Transurban Residencys ein hohes Maß an Quartiersarbeit. Die Künstler*innen arbeiten rund einen Monat lang vor Ort, mit den Menschen und in den urbanen Strukturen, die sie vorfinden. Unterstützt werden sie jeweils von erfahrenen und ortskundigen Netzwerken. In Gelsenkirchen sind das die Mitglieder*innen des Vereins »Insane Urban Cowboys«, der Stiftung Schalker Markt und des Masterstudiengangs Architektur der Technischen Hochschule Köln. In Dortmund der Verein »Die Urbanisten«, der Designstudiengang der FH Dortmund und die Skateboardinitiative Dortmund.
Auf den ersten Blick erinnert der Ansatz von Transurban an die Anfänge von »Urbane Künste Ruhr«. Barringhaus macht allerdings klar, dass es einige Unterschiede gibt: »Wir denken zuerst die Kunst und suchen dann den Ort aus, wo sie entstehen kann.« Zudem sei Transurban verwurzelt in der Street und Urban Art, während sich die Urbanen Künste von der Hochkultur aus der Straße nähern.
So entwickelt der mexikanisch-deutsche Künstler Roberto Cuellar Skulpturen, deren Ästhetik zwischen Op-Art und Memphis schwankt. Ihre eigentliche Bedeutung erhalten sie aber erst, in dem man sie benutzt: Sie sind als Rampen und Hindernisse für Skater gedacht. Das Kollektiv Ya Plus K gestaltet mit Urban Gardening, Interventionen oder sozialen Plastiken städtische Räume und Gemeinschaften um und neu.
Ob und was es während und nach Abschluss der Residenzen vor Ort tatsächlich zu sehen gibt, ist völlig offen. Im Vordergrund steht eben der Prozess, der das Verhältnis der Menschen zu ihrem urbanen Lebensraum nachhaltig verändern kann – vom Durchgangsraum zum »Common Space«.
Residency Gelsenkirchen: 4. Juli bis 31. Juli
Residency Dortmund: 15. August bis 12. September