Menschwerdung! In Steven Spielbergs „A.I.“ schauen wir mit den Augen des künstlichen Wesens und Roboter-„Mechas“ David auf seinen Traum, geliebt zu werden, und auf seine Hingabe an einen ’echten’ Menschen. In „Ich bin dein Mensch“ – nach einer Erzählung von Emma Braslavsky und verfilmt von Maria Schrader – kehrt sich diese Perspektive um.
Alma lebt in Berlin, steht nach einer gescheiterten Beziehung allein, ist nervös, neurotisch und sehr klug, kümmert sich um ihren an Demenz erkrankten Vater und arbeitet als Wissenschaftlerin am Pergamonmuseum, wo sie sumerische Schriften erforscht. Maren Eggert, die für ihre Darstellung den Silbernen Berlinale-Bären erhielt, spielt sie gewissermaßen mit dem Kanzlerinnen-Bonus: klarer Kopf und kühles Herz. Glück ist für sie keine Kategorie und nicht (mehr) einkalkuliert in ihr Konzept.
Für die Ethikkommission stellt sie sich einem für ihre berufliche Tätigkeit lukrativen Versuch zur Verfügung, der der Frage nachgeht, ob man humanoide, vom Menschen kaum zu unterscheidende Roboter in Deutschland zulassen sollte. So zieht für drei Wochen der Partnerschafts-Roboter Tom (adrett, wie gestriegelt und mit verhaltenem, aber insistierendem britischen Charme und Akzent: Dan Stevens) bei ihr ein.
Ein Test- und Studienfall am lebendige Körper: Ist auf Tom Verlass, lernt er, ist er beziehungstauglich, kann er auf sein Gegenüber regieren, ist er störanfällig, wie lässt sich sein technologisch aufgebautes ‚Bewusstsein’ definieren? Und umgekehrt: Wird Alma ihn ernst nehmen als eigenständiges ‚Individuum’?
Skeptisch, Ego-gestählt und sorgsam auf ihre Gewohnheiten bedacht, will sie ihn eigentlich nur wie ein Möbelstück behandeln, irgendwo in der Wohnung abstellen und sich nicht weiter in ihrem Alltag von ihm stören oder gar beeinflussen lassen. Aber so ist Tom nicht programmiert. Er ist und will sein: der perfekte Partner. Und tut das Seine dazu, als idealer Hausmann, gelegentlich unbeabsichtigt und missverständlich peinlich sowie mit dem gewissen verführerischen Knowhow.
Die Chemie stimmt, was man bei dieser Konstellation allerdings wohl nicht sagen kann. Indes, sie können sich gut riechen, obwohl – und das ist eine sehr hübsche Szene, wenn sich in der freien Natur eine Gruppe von Hirschen um ihn versammelt – Tom eben keinen menschlichen Duft ausdünstet und deshalb selbst scheue Tiere keine Angst vor ihm haben.
Tom ist gewissermaßen eine Unschuld vom Lande bzw. aus der Retorte, dessen Algorithmen ihn zum Guten, Wahren und Schönen verpflichten. Der kategorische Imperativ auf Knopfdruck.
Was für ein Genre kann und will „Ich bin dein Mensch“ bedienen? Weniger eine Science-fiction-Story, als vielmehr das der romantischen Komödie, so dass auch der Zuschauer zu vergessen bereit ist, dass wir es mit zwei grundlegend unterschiedlichen Wesen zu tun haben. Es sieht dann einfach aus, als würde die ewig alte Geschichte ‚boy meets girl’ komplex und nunancenreich emotional und anrührend durchgespielt. Täuschend echt und mit den Gefühlen immer innewohnenden Fehlerquoten und Gefährdungen durch Verletzung.
„Ich bin dein Mensch“, Regie: Maria Schrader, 108 Min., D 2021, schon seit Ende Juni in einigen Kinos, offizieller Start: 1. Juli