Diese Ausstellung ist eine Seltsamkeit. Eine, die zum denkbar ungünstigsten wie zum bestmöglichen Zeitpunkt überhaupt in Dortmund Station macht. Denn: »Studio 54: Night Magic« dreht sich nicht nur um den wohl bekanntesten aller Nachtclubs aller Zeiten – das gleichnamige Studio 54 in New York. Nein: Die Schau im Dortmunder U greift weiter.
Sie spiegelt das Phänomen der Clubkultur allgemein. Sie zeigt in zig Exponaten – von Original-Gästelisten und Eintrittskarten über Fotografien bis hin zu Modeobjekten und Lichtinstallationen –, dass das Studio 54 in den nicht einmal drei Jahren seiner Existenz zwischen April 1977 und Februar 1980 nicht weniger als die Blaupause für eines war: das maximal intensive Zusammenkommen. Für das das Sprechen, Flirten, Musikhören, Fachsimpeln, Tanzen, Schwitzen miteinander. In der heutigen Zeit der Pandemie ist das natürlich unerhört. Ist eine Ausstellung mit diesem Gestus geradezu ein Anachronismus.
Indes: »Studio 54« weckt genau deshalb auch Sehnsüchte, auf die sich alle einlassen können: die nach der Rückkehr ins soziale Leben im Anschluss an den Lockdown. Die nach der Rückkehr zu jener Zwischenmenschlichkeit, die über den engsten Kreis von vertrauten Menschen hinausgeht. Sie weckt die Sehnsucht nach dem Wiedereintauchen in eine brodelnde Menschenmenge, die sich des nachts aufeinander einlässt und das Leben feiert. Aktueller geht es nicht. Und auch gesellschaftspolitisch ist »Studio 54« ein Statement auf der Höhe der Zeit, denn in den damaligen Club fand ob dessen Exklusivität und exquisiter Gemengelage zwischen Musik und bildender Kunst, zwischen Mode und Literatur zwar nicht jeder Mensch Einlass – wer rein wollte musste schon extravagant sein und im besten Falle ein paar von den Stars und Sternchen um Andy Warhol, Elisabeth Taylor, Liza Minelli, Grace Jones, Mick Jagger, Calvin Klein, Elton John persönlich kennen. Doch wurde niemand je ob seiner oder ihrer Herkunft, Hautfarbe, sexuellen Vorliebe vor der Türe stehen gelassen. Das »Studio 54« war ein Ort der Diversität – Jahrzehnte, ehe Diversität endlich ein drängendes Thema in der Weltöffentlichkeit wurde.
»Studio 54: Night Magic« wurde kuratiert von Matthew Yokobosky, dem Kurator des Brooklyn Museum in New York. Dortmund ist übrigens die einzige Station außerhalb des Big Apple, an der die Ausstellung zu sehen ist – was nach Aussage von Christina Danick, im Dortmunder U für das Ausstellungsmanagement zuständig, einem engen Kontakt zwischen beiden Häusern zu verdanken ist. Zudem betont sie: »Das Thema Clubkultur ist universell und spielt in jeder Stadt eine große Rolle« – und schiebt damit auch etwaigen Fragen der Art »Warum in Dortmund und nicht in der Clubhauptstadt Berlin?« einen Riegel vor. Was »Studio 54: Night Magic« ihrer Meinung nach auszeichnet? »Die Ausstellung umfasst ein weites Feld. Es geht um Musikstile, um DJing, um Einlasspolitik, um Diversität, um Drogenexzesse, um Kultur und Kunst. Vieles davon kann man im Zweifelsfall auf eigene Erfahrungen übertragen.« Um dieser geballten Relevanz Rechnung zu tragen, werde »während der Dauer der Ausstellung das ganze Haus zum Club«, mit Musik, mit Lichtshows, mit Bezügen zur lokalen Szene oder einer Medienkunstausstellung. Also: Auf in den Club!
»Studio 54: Night Magic«: 25. Juni bis 17. Oktober 2021, Dortmunder U