Kupfergrün leuchtet das geschwungene Dach der Alten Synagoge in Essen. Seit ihrer Eröffnung 1980 als Gedenkstätte und als »Haus jüdischer Kultur« steht sie als Einrichtung für den Dialog zwischen den Kulturen und Religionen. Ein passender Ort für den Start der Wanderausstellung »Menschen, Bilder, Orte – 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«, die bis Ende April in Essen zu sehen sein wird, und danach bis zum Jahresende Station in Münster, Köln, Wesel und Dortmund macht.
Die Ausstellung will auf die lange Tradition jüdischen Lebens aufmerksam machen und die Vielfalt der europäisch-jüdischen Kultur bis in die Gegenwart vermitteln. Der Schriftsteller Heinrich Böll, der sich für ein friedliches Zusammenleben von Juden und Nichtjuden einsetzte, formulierte es so: »Es ist die selbe Unkenntnis, die heute noch die alten Vorurteile lehrt.«
Mit dem Dekret Kaiser Konstantins von 321 setzt die Ausstellung einen geografischen Bezugspunkt zum Rheinland und zu Westfalen. Das Dekret veranlasste, dass Juden von nun an reichsweit in den Bezirkshauptstädten des Römischen Imperiums in den Stadtrat berufen werden konnten. Diese Urkunde an den Kölner Stadtrat ist die früheste Quelle, die jüdisches Leben nördlich der Alpen belegt. Die Ausstellung blickt auf die Alltagsgeschichte und ist ausgerichtet an den biografischen Zeugnissen von Personen, die markante Ereignisse und Epochen widerspiegeln. Darunter sind Kölner Bürger*innen wie Abraham von Oppenheim, Isaac Offenbach, Edith Stein oder Fritz Deutsch, aber auch Persönlichkeiten im gesamtdeutschen Kontext – Heinrich Heine, Fanny Hensel, Moses Mendelssohn oder Heinrich Böll.
Die Ausstellungsarchitektur besteht aus vier begehbaren Kuben, die multimedial und interaktiv mit einem übergeordneten Thema bespielt werden. Im ersten Kubus geht es um das Recht und Unrecht, das der jüdischen Bevölkerung widerfahren ist – wie der Pestprogrom von 1349, die spätmittelalterliche Ausweisung aus den Städten und die Schoa, aber auch das Leben danach und die Neugründung von Gemeinden. Der zweite Kubus stellt das Leben und Miteinander vor, wie etwa Abraham von Oppenheim (1804-1878), einen Kölner Bankier und Mäzen, dessen Familie maßgeblich den Dom-Bau unterstützte, oder der protestantische Dombaumeister Ernst Friedrich Zirner, der die Synagoge in der Kölner Glockengasse baute.
Der dritte Kubus widmet sich der Religion und Geistesgeschichte, der Niederschrift des mündlichen Gesetzes im 1. Jahrtausend, der jüdischen Aufklärung und grundlegenden Schriften wie der in Köln entstandene Amsterdam Machsor. Der vierte Kubus zeigt Kunst und Kultur – es werden nicht nur Feiertage mit ihren Riten und Symbolen vorgestellt, sondern auch die »jüdische Kultur« in allen Facetten: Gemälde von Felix Nussbaum und Max Liebermann, Architekturen von Erich Mendelsohn und Gottfried Semper sowie Musik von Friedrich Hollaender oder Ben Salomo.
Aufgrund der unsicheren Öffnungslage gibt es auf dem Blog des »MiQua. LVR-Jüdisches Museum im archäologischen Quartier Köln« digitale Interviews, Fotos und Videos.
Alte Synagoge – Haus jüdischer Kultur, Essen: bis 27. April 2021
LWL-Landeshaus, Münster: 6. Mai bis 25. Juni 2021
LVR-Landeshaus, Köln: 2. Juli bis 12. August 2021
LVR-Niederrheinmuseum, Wesel: 18. August bis 15. Oktober 2021
Museum für Kunst & Kulturgeschichte, Dortmund: 24. Oktober bis 12. Dezember 2021