Alberne Ideen sind meist die besten: Weil der Name iTALien anfangs etwas sperrig und verwirrend war – gemeint ist nicht das Land, sondern das Tal der Wupper – nannte die Redaktion das Magazin nach drei Ausgaben kurzzeitig in Belgien um. Das Ergebnis war noch mehr Verwirrung. Leute, die in Kneipen nach der iTALien fragten, bekamen »Wir haben nur Belgien!« zu hören.
Der Begriff Aufmerksamkeitsökonomie war in den 80er Jahren noch nicht so geläufig, diese Aktion wäre aber locker darunter gefallen – funktioniert hat es jedenfalls. Man war erneut im Stadtgespräch. 1984 hatten sich Wuppertaler Konzert- und Kulturveranstalter*innen zusammengetan, um etwas gegen die grassierende Zettelwirtschaft der Termin-Flyer in den Kneipen zu tun und ein kostenloses Stadtmagazin zu gründen – iTALien. Anfang der 90er wandelte sich das Heft in das heutige Satiremagazin, das von Uwe Becker und dem Cartoonisten und Grafiker Jorgo Schäfer redaktionell betreut wird.
Schmalste 16 Seiten ist iTALien nur dick, hat 406 Ausgaben auf dem Buckel und seit Jahren den Hinweis »Notnummer« auf dem Titel. Das Heft finanziert sich über Anzeigen, die Autor*innen und Zeichner*innen arbeiten ehrenhalber ohne Honorar. Da Uwe Becker auch für die Titanic gearbeitet und Fotowitze für die Rubrik »Spam« im Spiegel gemacht hat, nutzt er die damals entstandenen Kontakte für sein Magazin. So gestalteten Neue Frankfurter Schüler wie F.K. Waechter oder Robert Gernhardt Titel für iTALien. Die letzten, echten Cover-Skandale liegen schon länger zurück. Die heutigen schrecken dennoch nicht vor der eigenen Zielgruppe, wie dem schwarz-grünen Bürgermeister Uwe Schneidewind, zurück, illustrieren ein Thema über die Stadtheilige Pina Bausch hübsch garstig mit einem Tanzmariechen oder sind einfach richtig schön albern. Und manchmal kapiert man sie nicht.
Im Inneren findet sich eine kleinteilige Mischung aus Texten, Fotowitzen mit eingefügten Sprechblasen, Cartoons und Karikaturen. Ludger Fischer beschimpft reimend Städte, Thomas Gsella ist regelmäßig mit seinen Gedichten dabei und Stephen Oldvoodel kolumniert über das Leben in New York City. Bekannte Namen wie Hauk und Bauer zeichnen ebenso für iTALien wie auch Kittyhawk und Rattelschneck. Durch diesen breiten Genremix kommt fast jeder auf seine Kosten – es gibt immer Leute, die alles schreiend unkomisch finden, was will man machen – vom Schenkelklopfer-Gag bis zu den verrätselt-poetischen Cartoons von Eugen Egner.
iTALien ist auch während der Pandemie erschienen, auch weil die Wuppertaler Veranstaltungs- und Gastroszene weiter Anzeigen geschaltet hat. Da Kneipen, Clubs und die Häuser der Kultur geschlossen sind, entfallen aber die Verteilungswege und Auslagestätten. Uwe Becker und seine Mitstreiter*innen wurden kreativ und suchten Orte, die weiterhin geöffnet haben. Wer also Satire in Wuppertal sucht, findet das Magazin nun in Supermärkten, Apotheken und an Tankstellen. Gute Idee, auch wenn wir viel lieber wieder am Tresen in unser Bier kichern oder das Heft nach einem Konzert in die Tasche stopfen würden.