Da stehen sie aufgereiht mit ihren Pappschnäbeln und watscheln gemeinsam der Gänseliesel hinterher. Es ist Fastnacht 1938 und Heinrich Pieroth (1893-1964) wieder einmal mit seiner Kamera unterwegs – diesmal auf den Spuren kleiner Karnevalisten. Der Alltag der Menschen in der Eifel ist sein Thema. Schäfer in ihren kargen Schlafkarren auf dem Feld, Arbeiter einer Glockengießerei, das eindrückliche Gesicht einer Hundertjährigen – Heinrich Pieroths Lebensradius war zwar von Rhein und Mosel begrenzt. Und doch ergibt sein Nachlass, den das Rheinische Bildarchiv in Köln nun erstmals in einem schönen, üppigen Band publiziert, einen weitläufigen Bilderschatz der Eifeler Alltagskultur.
Die Redakteurin Katja Hoffmann hat Aufnahmen aus Pieroths riesiger Sammlung an Glasplatten-Negativen gesichtet, nach Themen gewichtet, ausgewählt, ihnen klug recherchierte Einordnungen zur Historie der Landzüge, zu den Zeitumständen, den Gezeigten beigegeben. Heimatverbunden? Das war Heinrich Pieroth ganz sicher. Aber Katja Hoffmanns Fotobuch zeigt vor allem seinen unvoreingenommenen Blick, auch in einer Zeit, in der Traditionen völkisch umgedeutet werden – die zerstörte Mayener Synagoge nimmt er nach der Pogromnacht heimlich auf. Aufs Wesentliche reduziert sind auch seine Porträts etwa des expressionistischen Malers Pitt Kreuzberg. Zwei in weiß gekleidete Frauen pflücken Blumen auf einer mit weißen Tupfen übersäten Wiese. Zeitlos schön sind solche Bilder. Und im besten Wortsinn malerisch.
In der Eifel, Fotografien von Heinrich Pieroth aus den 1920er bis 1950er Jahren, Hrsg. vom Rheinischen Bildarchiv, bearbeitet von Katja Hoffmann, Emons Verlag, 320 Seiten, 300 Abb., 39,95 Euro