»Ich mag Lesungen sehr, mir fehlt eindeutig die Bühne. Ein Livestream kann das nicht ersetzen. Finanziell ist das auch schwierig, denn die Lesungen sind nach wie vor der Hauptfaktor für Buchverkäufe. Ich habe tatsächlich nicht mehr Zeit als vor Corona, was aber auch mit meiner Arbeit zusammenhängt. Die könnte ich auch online auf dem Mond machen. Der einzige Vorteil der jetzigen Situation: Ich verbringe mehr Zeit mit meiner Tochter.
Ein Buch über Corona werde ich nicht schreiben. Ich bin sowieso kein Fan von Zeitgeist-Literatur, bei mir geht es um die großen Dinge Leben, Liebe und Tod. Ich glaube, dass viele was zu dem Thema machen werden, aber das sind die, die sowieso anders schreiben als ich. Was die Zukunft angeht, bin ich generell nicht so optimistisch wie jene, die sagen, dass der Mensch jetzt lernen würde, was wirklich wichtig ist, dass alles etwas ruhiger geht und sich auf das Wahre konzentrieren kann. Das Bedeutende bleibt für mich die Literatur, das wird sich auch nicht ändern, vollkommen unabhängig von finanziellen Fragen. Ich werde weiterschreiben, ich kann ja nicht anders. Konkret, für die Literatur, habe ich einen Wunsch. Man wird es in den wirtschaftlichen Auswirkungen sehen, dass es wieder mal die kleinen Verlage, Läden, Restaurants trifft. Ich habe die Hoffnung, dass ein paar Menschen das langsam erkennen und bei lokalen Händlern bestellen. Viele Leute sagen, sie machen das bei Amazon, weil das mit zwei Klicks geht – ja, das geht bei mir auch! Und es ist schneller da! Wenn hier jemand aus Essen ein Buch bestellt, setze ich mich aufs Rad und eine Stunde später hat er das Ding.« VKB
Ingo Munz, 47 Jahre, ist Schriftsteller, Journalist und leitet seinen eigenen Verlag in Essen. Er schreibt Romane und Prosa der Gegenwart, wie »#Liebe«.