»Es
will nichts sein – kein Kubismus, kein Expressionismus, nur ein
lustiges Farbenspiel aus glatten und eckigen Formen nach dem Prinzip
der alten Baukästen.« So tiefstapelte Alma Siedhoff-Buscher über
ihr »Schiffbauspiel«, das sie zwischen 1923 bis 1924 am Bauhaus in
Dessau entwarf. Da wusste sie noch nicht, dass die bunten Bauklötze
zu den erfolgreichsten Produkten gehören würden, die das Bauhaus
jemals vertreiben sollte. Bis heute, da eine Schweizer
Spielwarenfabrik ab 1977 die Fertigung übernommen hat.
Dabei
war die Chance, in der Holzbildhauerei zu arbeiten, äußerst gering.
Die sehr überschaubare Zahl der Frauen am Bauhaus arbeiteten
vornehmlich in der Weberei, so auch anfangs Alma Siedhoff-Buscher.
Das war aber nur ein Zwischenschritt für die Kunsthandwerkerin und
Möbel-Designerin. Geboren wurde sie am 4. Januar 1899 in Kreuztal
bei Siegen, besuchte später die private Berliner Kunst- und
Gewerbeschule Reimann in Schöneberg und studierte danach bis 1922 an
der Ausbildungsanstalt des Staatlichen Kunstgewerbemuseums Berlin. Im
selben Jahr ging sie ans Bauhaus, war Schülerin bei Johannes Itten,
Paul Klee und Wassily Kandinsky und wurde in die Werkstattweberei
aufgenommen.
Dort
fühlte sich die junge Frau nicht besonders wohl, sie wollte lieber
mit Holz arbeiten. 1923 schrieb sie einen Brief an Direktor Walter
Gropius und bat ihn darin um ihre Entlassung aus der der Weberei:
»Ich habe nie Beziehung zum Faden gehabt.« Den Brief hat
Siedhoff-Buscher nie abgeschickt, trotzdem setzte er ein Zeichen für
ihren inneren Aufbruch. Gropius hatte zwar anfangs die
Gleichberechtigung am Bauhaus garantiert, setzte aber diese nicht
weiter um. Frauen seien zu schwach für die schweren Handwerke, und
hätten es doch sowieso mehr mit Stoffen hieß es – woraufhin das
vermeintlich schwache Geschlecht unsinnigerweise an den schweren
Webstühlen geparkt wurde. Alma Siedhoff-Buscher versuchte statt des
Briefes einen anderen Weg. Sie bot an, in der männlich besetzten
Holzbildhauerei lediglich zu Gast sein zu wollen, bis ihre Projekte
wie Kinderspielzeug, Lampen und Alltagsgegenstände bereit für die
Serienproduktion wären und präsentierte konkrete Pläne für ein
Puppentheater. Nach Gropius‘ Zustimmung konnte sie die Seiten
wechseln.
Kurz
danach bekam sie die Chance, das komplette Kinderzimmer des
Musterhauses »Am Horn« zu entwerfen. Sie wandte sich der Gestaltung
von Kinderspielzeug zu; was zu dieser Zeit in Dessau sehr angesagt
war, aber selten über das Entwicklungsstadium hinauskam.
Siedhoff-Buscher hingegen war bei ihren Ideen äußerst hartnäckig
und führte diese konsequent zur marktreifen Serienproduktion. Dabei
standen die Kinder immer im Mittelpunkt ihrer Entwürfe. Phantasie
und Kreativität sollten gefördert und gefordert werden. Ihr
»Schiffbauspiel« setzte genau dort an – kein perfekt-fertiges
Spielzeug sollte es sein, sondern eines, dass sich ständig verändern
lässt und den Nachwuchs auf eigene Ideen bringt. »Kinder sollten,
wenn irgend möglich, einen Raum haben, in dem sie das machen können,
was sie wollen« betonte Siedhoff-Buscher einmal äußerst
reformpädagogisch. Die buntlackierten Bausteine waren nicht nur
eckige Holzklötze, sondern hatten besondere Formen: Dreiecke,
Würfel, Zylinder und rundgesägte, bogenartige Elemente. Geliefert
wurden die Kästen entweder mit 22 oder 39 Bauklötzen; aus dem
anfänglichen Riegel konnten die Kinder ein Schiff aufbauen oder eine
Landschaft, eine Figur, eine Eisenbahn oder irgendetwas anderes
Wildes und Eigenes.
Nicht
nur die »Schiffbauspiele« waren sehr erfolgreich, auch ihr
zusammenklappbares Stabpuppentheater »Bützelspiel« und die
patentierten »Wurfpuppen« aus Bast und Chenillegarn standen in den
Läden. 1926 heiratete sie den Tänzer und Schauspieler Werner
Siedhoff, kurz darauf wurden ihre Kinder Joost und Lore geboren. Ob
die beiden auch mit Mutters Spielzeug gespielt haben, ist nicht
überliefert. Die Zeit am Bauhaus endete 1928, durch die
Theaterengagements ihres Mannes wurde ein häufiger Wohnortwechsel
nötig. Am 25. September 1944 starb Alma Siedhoff-Buscher in der Nähe
von Frankfurt am Main bei einem Bombenangriff.