Wenn Schauspielhäuser mit ihren Familienstücken auf Zeitreise gehen, dann legen sie meist den Rückwärtsgang ein. Anders in Bochum, wo die britische Regisseurin Sue Buckmaster das junge Publikum in eine vielleicht gar nicht mal so ferne Zukunft versetzt, um ein Hightech-Märchen zu erzählen. Ein kauziges Team von Neurologen haucht einem Roboter mittels eines künstlichen Hirns menschenähnliches Bewusstsein ein. Clean blau leuchtet das Laboratorium, in dem der metallische Knabe mit seiner wohlgeformten kleinen Nase und den hellen Kulleraugen so ideal ins Kindchenschema passt, dass wir ihn einfach mögen müssen.
Science Fiction-Pinocchio
Der aufgesägte Schädel und die freie Sicht auf das rosa phosphoreszierende Kunsthirn dieses Science Fiction-Pinocchios erinnert uns allerdings daran, dass es in dieser »Unglaublichen Geschichte vom kleinen Roboterjungen« nicht nur darum geht, ein paar Puppenspielertricks aufzuführen. Wohin führt uns das Voranschreiten der künstlichen Intelligenz? Was ist der Mensch? Das sind so Fragen, die Buckmasters Inszenierung aufwirft, ohne sie allerdings konsequent zu Ende zu denken. Denn dann käme das junge Publikum ja eventuell zu dem Ergebnis, dass so ein Roboter gar nicht so herzallerliebst ist, wie er es im Vorweihnachtszeit-Theater nun mal sein muss.
Wer im Dezember keine Lust hat auf die rauf und runter gespielten Kinderstücke, sitzt im Schauspielhaus Bochum richtig. Dass die Inszenierung auf dem nächsten Apple Event im Steve Jobs Theaters zu sehen sein wird, ist wohl nur ein Gerücht.