David Chipperfield hat 2007 den Wettbewerb für den geradlinig-eleganten Erweiterungs- bzw. Neubau des Essener Folkwang Museums gewonnen. Eine gute Entscheidung, auch wenn später mancher munkelte, nicht die Jury sei dafür verantwortlich gewesen, sondern der inzwischen verstorbene Chef der Krupp-Stiftung, Bertold Beitz – im Alleingang. Fest steht: Der mit grünlich schimmernden Glaskeramik-Platten verkleidete Bau respektiert mit seiner in Einzelvolumen und Innenhöfe aufgelösten Kubatur den 1960 eröffneten Altbau von Horst Loy und ist dennoch selbstbewusst. Zumal Chipperfield in Essen auf seine sonst etwas überpräsenten Arkaden und engen Pfeilerraster verzichtete. Die nicht ganz einfachen Raumfolgen und Volumen im Ausstellungsbereich stellen zwar für Kurator*innen durchaus eine Herausforderung dar, sind aber zu bewältigen.
Und der Eingangsbereich? Ist durchaus repräsentativ und mit seiner großen, weiten Fläche zurzeit die perfekte Umgebung für William Forsythes interaktive Videoarbeit „City Of Abstracts“. Auch der rechteckige Kassen- und Infotresen in hellem Holz unter einem ebenso großen Oberlicht ist außerordentlich schick. Er zeigt aber auch, wo die entscheidende Schwäche von David Chipperfield liegt: Die Funktion gerät ihm manchmal in den Hintergrund. Während des normalen Betriebes ist dieser Kassenbereich völlig ausreichend, mit größerem Publikumsandrang aber schnell überfordert. Nicht nur, weil er dann zu wenige Serviceplätze bereit hält. Schwerer wiegt, dass die Besucherbewegungen in die verschiedenen Bereiche des Museums durch die Architektur nicht ansatzweise strukturiert werden. Schon zur Keith-Haring-Ausstellung im Mai dürfte dann wieder ein Gewirr aus Absperrbändern entstehen – und für die Atmosphäre einer Flughafenabfertigung sorgen. Das wird Chipperfield nicht gewollt haben. Es von vornherein besser zu planen, hätte er in der Hand gehabt.
So ähnlich wie Chipperfield
Auch der Schweizer Max Dudler genießt höchstes Ansehen im internationalen Architekturzirkus. Seine Formensprache ist der von Chipperfield auf den ersten Blick nicht unähnlich: Auch er setzt auf klare Kubaturen und Raster, konzentriert sich in seinen Entwürfen auf Material und Detail. Nun ist auch sein Eingangsgebäude für das Eisenbahnmuseum in Bochum-Dahlhausen eröffnet worden: Ein schmaler Backsteinbau mit nur wenigen Fensteröffnungen, der dem Verlauf der Gleisanlagen folgt. Sein Eingang wird durch einen fassadenbreiten Turm markiert. Zwar ist der Backstein dem im Inneren sichtbaren Beton nur vorgeblendet. Aber mit seiner porösen Oberfläche sorgt er dann doch für ein fast rustikales Erscheinungsbild. Das Innere des Bochumer Gebäudes zu organisieren, ist sicher leichter als im Folkwang gewesen, zumal der Publikumsandrang im Eisenbahnmuseum nicht so sehr wie im bei Folkwang schwanken wird – abgesehen von dem enormen Ansturm auf die Museumstage im Sommer. Dudler hat aus dem langen Flur des Eingangsbereichs aber regelrecht eine Tugend gemacht. Entlang eines langen Ganges sind hier alle Funktionen angeordnet: Kassenbereiche, Shop, Toiletten und ein Vortragssaal. Das erinnert tatsächlich an eine Art Gleis. An einen Transitbereich, der die Besucher*innen durch das Gebäude zu neuen Erlebnissen führt. Solche Bildhaftigkeit ist für Max Dudler eher untypisch. Das Ruhrgebiet scheint ihn aber ein Stück weit zu inspirieren: In Essen ist ein weiterer Bau von ihm entstanden – die Bibliothek der Folkwang-Universität. Sie wirkt wie ein von innen schimmerndes Schatzkästchen.