Vor einem Jahr fassten CDU, FDP, SPD und Grüne im Düsseldorfer Landtag einen Grundsatzbeschluss: Mit einem gemeinsamen Antrag setzten die vier Fraktionen eine parteiübergreifende Planungsgruppe mit dem Titel »Geschichte, Politik und Demokratie Nordrhein-Westfalens« ein. Sie sollte die »notwendigen institutionellen Voraussetzungen« schaffen, um das Geschichtsbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger sowie ihr Verständnis für das Leben im Land zu fördern. Zum Auftrag gehört explizit ein Konzept für ein »Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalens«.
Doch schon bald wurde klar, dass es weniger um das Geschichtsverständnis der 18 Millionen Einwohner zwischen Minden und Aachen geht als um das der Landespolitiker: Bevor nämlich die in der Planungsgruppe versammelten Fachleute – männliche Akademiker um die 50 ohne Migrationshintergrund – auch bloß eine Idee hätten entwickeln können, favorisierte Landtagspräsident André Kuper (CDU) schon mal öffentlich einen Standort für das neue Haus: Den alten Behrensbau am Düsseldorfer Rheinufer, keine fünf Gehminuten vom Parlament entfernt.
Und nicht nur die passende Hülle für einen Inhalt, den noch gar keiner kennt – in seinen Augen anscheinend eine sekundäre Frage –, hat er bereits erkoren, sondern auch gleich ein mögliches Eröffnungsdatum mitgeliefert: Im Sommer 2021, also zum 75. Gründungstag Nordrhein-Westfalens, möge doch bitteschön zumindest die zentrale Ausstellung gezeigt werden können. Das wäre allerdings sogar dann ein ambitionierter Zeitplan, wenn das Land selbst über entsprechende Exponate verfügte – tut es aber nicht.
Was genau ist mit der Geschichte NRWs gemeint?
Im Klartext heißt das: Wir wissen zwar nicht, was mit der »Geschichte Nordrhein-Wesfalens« gemeint und verknüpft, geschweige denn wie konkret gezeigt und vermittelt werden soll – aber dafür wissen wir schon sehr genau, in welchen Räumlichkeiten das ab wann zu sehen ist, nämlich sehr bald, in einer Trutzburg aus der späten Kaiserzeit. Die steht selbstverständlich nicht in Westfalen oder wenigstens in der geografischen wie urbanen Mitte des Landes, also im Ruhrgebiet, sondern in der Landeshauptstadt am Rhein, tief im Westen.
Zeitgemäße Formen der Partizipation der diversen Bevölkerung NRWs, um die es angeblich ja geht? Fehlanzeige! Stattdessen demonstriert die politische Führung des größten Bundeslandes sehr deutlich ihr eigenes Verständnis von »Geschichte, Politik und Demokratie Nordrhein-Westfalens«: Der Staat sind wir – und das werdet ihr spätestens hier gefälligst auch endlich lernen!