REZENSION ANDREAS WILINK
Wim Wenders und die Frauen… Das fing schon früh an, dann kam Nastassja Kinski, die Mutter, die ihren Sohn verließ, nach „Paris, Texas“, es kam die Frau im „Million Dollar Hotel“ und Charlotte Gainsbourg für die alles „will be fine“. Sie sind der Sinn des Lebens, zumindest in den Filmen, deren Dialoge oft bleischwer ihre visuelle Leichtigkeit niederziehen. Sie sind Retterinnen und Erlöserinnen der schwachen, antriebslahmen, handlungsmüden Männer, die die falsche Bewegung machen oder aufgeben, ihre Engels-Flügel ablegen, um die Welt reisen, zu den Frauen zu Fuß durch die Wüste wandern oder sie an die Tiefe des Meeres zu verlieren drohen.
Schluss mit den Experimenten, zumindest formal. Für diese Liebesgeschichte muss die Konvention genügen. Wenders, Jahrgang 1945, hat genug für die Fortentwicklung des Kinos getan. James More (James McAvoy) und Danielle Flinders (Alicia Vikander) begegnen sich in einem Hotel in Dieppe, verlieben sich ineinander und erleben schöne – und schön fotografierte – Tage und Nächte in der Normandie. Beide haben keine leichten Aufgaben: Mission Possible (für die ‚Unmögliche’ Mission ist ab dieser Kino-Woche erneut Tom Cruise zuständig). Der M16-Undercover-Agent James soll ein Ausbildungszentrum von Terroristen, eine Zelle von Al Qaida, ausfindig machen. Danielle, die Biomathematikerin, forscht nach Lösungen, um dem Klimawandel entgegenzuwirken.
Sie werden getrennt. Funkstille. Kein Kontakt. Danielle, ambitioniert und motiviert, bereitet einen aufwendigen Tiefseetauchgang im Nordmeer vor, der 6000 Meter tief ins Dunkle vorstößt. James, der seine Tätigkeit vor ihr verheimlicht hat, gerät in Somalia in die für ihn lebensgefährliche Gefangenschaft von Islamisten.
„Submergence“ ist auf jeden Fall der bessere Titel gegenüber „Grenzenlos“, wo man gleich an die weiten Lüfte und an blauen Dunst denkt. So heißt der Film im Original, übersetzt: Untertauchen. Das gilt hier für beide Personen, den Agenten und die Wissenschaftlerin. Beide versinken, gehen unter.
Nun, Wenders, der zuletzt den Papst porträtiert hat, ist kein Thriller-Regisseur. Will es auch gar nicht sein. Er bewegt sich nicht geradlinig, sondern in Schleifen, er inszeniert nicht zielorientiert, sondern verläuft sich gern, er will den Zeitlauf der Uhr nicht überbieten, sondern dem Lauf der Zeit nachspüren. Bei der Suche nach dem Absoluten (der Liebe) und somit Unmöglichen verliert Wenders, das Auge des Kinos, das Mögliche aus dem Blick.