REZENSION ANDREAS WILINK
Das können die Engländer, Geschichten davon erzählen, dass und wie man sich nicht unterkriegen lässt. »Brassed Off« bläst auf Seiten der Bergarbeiter den Regierenden unter Margaret Thatcher den Marsch; in »Ganz oder gar nicht« lassen Männer die Hosen runter, weil ihnen sonst kein Job blieb in der siechen nordenglischen Stahlindustrie; in »Pride« verbünden sich aktivistische Gays and Lesbians mit streikenden Zechenkumpeln, sammeln für sie Geld und werden zum Dank von den Malochern und der Labour Party in ihren Rechten bestärkt. Feel good, ja, immer auch, aber nicht ohne sozialen Hintersinn und komödiantischen Überschuss. Pointiert, sehr gewitzt, charmant und liebenswert zu sein, gilt auch für »Swimming with Men«.
Männer im Mittealter mit Bauchansatz, Haarverlust und Sinnkrise können leicht ins Schwimmen geraten. So auch Eric (Rob Brydon), der als Buchhalter das Leben nach Zahlen, Bilanzen und tricksende Kunden satt hat, der sich in seinem hübschen Haus mit Ehefrau, die in der Kommunalpolitik Karriere, und Sohn, der sein eigenes Ding macht, fremd vorkommt. Die Stupidität des Alltags führt uns Oliver Parker im Zeitraffer vor. Wie Eric sich selbst betrachtet, zeigt ein Plüschäffchen in einem Laden-Schaufenster, das statt Schlagzeug zu spielen mechanisch masturbiert. Als Eric im Becken seine Runden zieht und unter Wasser endlich nichts hören muss und sich schwerelos fühlen kann, sieht er eine Gruppe ihm ähnlicher Geschlechtsgenossen, die Seltsames tun: Synchronschwimmen, obwohl sie dabei nicht ausschauen wie die Hollywood-Nixe Esther Willams.
Einer fehlt dem Amateur-Team, Eric besetzt die Vakanz. Bald trainieren sie für die inoffizielle Weltmeisterschaft, die in Mailand ausgetragen wird. Zur Teilnahme gibt ihnen ein schwedischer Trainer den Anstoß, der mit seiner Mannschaft dort Favorit ist. Das krisengeschüttelte Sextett, darunter ein Zahnarzt, Immobilienmakler, berenteter Kleingärtner und junger Tunichtgut, gibt sich Halt und Stabilität im instabilen Element Wasser und verkörpert seinen Protest gegen Routine, Regeln und Umstände. Sie lernen, einander zu vertrauen, Angst zu besiegen und das Chaos anzunehmen. Weshalb sie auch eine Kür choreografieren, die die kontrollierte schäumende Unordnung feiert statt graziler Eleganz.