»Luft Seil Bahn Glück«. So heißt eine Schau, die 2018 unter anderem in Zürich ein »schweizerisches Kulturgut par excellence« betrachtet: die Seilbahn. Nun, diese Gondeln, die Reisende auf den Berg fahren, prägen unsere romantische Sicht auf eine touristische Attraktion. Aber wie viel Glück steckt noch drin, wenn Stadt- und Verkehrsplaner das alpine zum urbanen Transportmittel machen wollen, als Teil des öffentlichen Nahverkehrs? Solche Fragen werden derzeit unter anderem in Wuppertal, Bonn, Düsseldorf und Bochum diskutiert.
In Bonn soll eine Seilbahn zwischen Universitätsklinikum und dem neuen DB-Haltepunkt UN-Campus schweben, wenn es nach Plänen der Stadtverwaltung geht. Möglicherweise mit einer Verlängerung Richtung Beuel. Bochum überlegt, Gondeln vom Hauptbahnhof zum Ruhrpark und zur Ruhr-Universität, nach Langendreer und zum Kemnader See fahren zu lassen – mit Anbindung an den Ostpark, Opelflächen, Hustadt und Altenbochum. In Wuppertal wollen die Stadtwerke den Hauptbahnhof gern über eine 2800 Meter lange Strecke über einen Stopp an der Universität mit dem Schulzentrum Süd im Wohnquartier Küllenhahn verbinden. Düsseldorf diskutiert, ob eine Seilbahn von der Bergischen Kaserne Richtung Staufenplatz sinnvoll ist.
»Das Thema Seilbahn ist noch relativ neu in Deutschland«, sagt Stadtplaner Heiner Monheim, erimitierter Professor für Angewandte Geographie, Raumentwicklung und Landesplanung an der Universität Trier. Es gebe »noch kein breites Hurra« und durchaus (auch unter Fachleuten) Skepsis. Seilbahnen sind zwar kein Patentrezept für innerstädtische Verkehrsprobleme, schreiben Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie in einer aktuellen Untersuchung. Aber die von vielen noch belächelten Pläne sind keine Spinnerei realitätsfremder Visionäre. Das Land NRW hat das ÖPNV-Gesetz bereits 2012 um Seilbahnen erweitert: »Damit sind sie grundsätzlich förderfähig«, heißt es aus dem Verkehrsministerium. Nämlich dann, wenn sie ins bestehende Verkehrsnetz und den Nahverkehrstarif eingebunden werden. Erste Machbarkeitsstudien laufen oder sind bereits abgeschlossen. Für den ÖPNV-Bedarfsplan des Landes hat man neben der Wuppertaler Seilbahn auch die Projekte aus Bonn und Bochum bereits angemeldet.
»Bis zu einer Entfernung von zehn Kilometern können Seilbahnen eine sinnvolle Alternative zu Bus, Straßenbahn oder U-Bahn sein«, urteilen die Karlsruher Forscher. Die Vorteile: Sie benötigen wenig Fläche und überwinden Hindernisse. Sie eignen sich etwa dann besonders, wenn eine Siedlung gewachsen ist, die Bahnschienen aber nicht mit ihr, oder wenn Lücken im Verkehrsnetz geschlossen werden müssen. Weil Seilbahnen »Stetigförderer« sind, entstehen keine langen Wartezeiten, und über Staus gleiten sie einfach hinweg. Auch CO2- und Luftschadstoffemissionen bleiben vergleichsweise gering, die Bahnen leise.
Alles Argumente, die auch Heiner Monheim nennt, der in Bonn ein Institut für Raumentwicklung und Kommunikation betreibt. Gegenwind sei dennoch berechtigt, findet der Experte, der Seilbahnen als Teil des öffentlichen Nahverkehrs grundsätzlich offen gegenübersteht. Berechtigt etwa dann, wenn Gondeln, wie teilweise in Wuppertal geplant, über Wohnhäusern schweben sollen. Und das ist nur einer von vielen Kritikpunkten einer Bürgerinitiative, die ein »Seilbahnfreies Wuppertal« fordert. Die Befürworter vom Pro-Verein hingegen loben die »unkonventionelle Lösung« als kostengünstig und umweltfreundlich. Sie schreiben auf ihrer Webseite: »Wer die Schwebebahn mag, wird die Seilbahn lieben.« Es ist eben so eine Sache mit dem Luft, Seil, Bahn, Glück …