REZENSION ANDREAS WILINK
Es war ein Zweikampf auf Leben und Tod, vielleicht sogar auch der Wettstreit zweier Schauspieler von Shakespeare-Format: hier der selbst doch auch umschattete und umdüsterte Held, dort der dämonische Schurke, hier der stilvolle Aristokrat, Offizier und Gentleman, dort der österreichische Parvenu und Gefreite, Churchill und Hitler. Als rhetorisch geschulter Redner nicht weniger glänzend als der bellende Demagoge jenseits des Kanals, der sich als »Führer« selbst zum Erretter des Abendlandes bis hinein in die Rüstung eines Lohengrin stilisierte, nahm auch Churchill diese Rolle als Vertreter einer demokratischen »freien« Nation mit mehr Recht für sich in Anspruch.
Schon vor einem halben Jahr war ein erster Film über Sir Winston Churchill ins Kino gekommen, der sich bezog auf den britischen Premier während des Zweiten Weltkriegs – im Moment der Entscheidung über den D-Day im Juni 1944. Churchill, der erst nach Widerständen von Seiten des Königs und der Parteien ernannt worden war, stemmte sich zunächst vehement gegen die Invasion der Alliierten an der Küste der Normandie und versuchte die Befehlshaber Eisenhower und Montgomery davon abzubringen, weil er ein ähnliches Massaker wie 1915 in Gallipoli an den türkischen Dardanellen fürchtete, bei dem 100.000 Soldaten starben. Damals war er als Marineminister zurückgetreten.
Churchill ist hier weniger der depressive, als mehr der zupackende Charakter: von aufbrausendem Temperament, hitzig, jähzornig, aber auch jovial. Ein Vater des Vaterlandes, der das Züchtigen in seinem pädagogischen Repertoire hat. Wir sehen, dass er egoman und eitel war, Humor hatte, Champagner literweise trank, sich in Rage redete, dabei kalkuliert Pathos und Parolen einzusetzen verstand. Die Ratio triumphiert letztlich über das Irrationale. Regisseur Joe Wright ist, nicht anders als sein Kollege Jonathan Teplitzky, keineswegs darum verlegen, mit Pauken und Trompeten Emotionen zu schüren und die Gloriole um das Löwenhaupt seines Heroen Churchill zu entzünden, den Gary Oldman womöglich noch brillanter als der Vorgänger Brian Cox darstellt.
»Die dunkelste Stunde«; Regie: Joe Wright; GB 2017; 125 Min.; Start: 11. Januar 2018.