REZENSION STEFANIE STADEL
Eher unscheinbar hängen sie da. Doch boten die beiden Bildchen einst einigen Zündstoff. Das eine zeigt Martin Luther, Anfang 40, im strengen schwarzen Gelehrtenrock. Dem frischvermählten Priester tritt im zweiten runden Porträt die um einiges jüngere Gattin zur Seite: die Ex-Nonne Katharina von Bora. Das Skandalpaar des Jahrhunderts. Zeitgenossen witterten schwere Sünde hinter der verruchten Hochzeit des Geistlichen mit der entlaufenen Klosterfrau. Selbst Freunde wetterten dagegen, sahen sie doch die Reformation in Gefahr. Die Beiden gaben sich am 13. Juni 1525 das Ja-Wort. Man darf vermuten, dass Luther zu diesem Anlass eine Reihe solch praktisch zusammenklappbarer Hochzeitsbildnisse in Umlauf bringen ließ. Allesamt gefertigt von Lucas Cranach dem Älteren und seiner Wittenberger Bildermanufaktur.
Dem Renaissancemaler und seinem unter Beteiligung vieler fleißiger Hände gefertigten Riesenwerk widmet sich die Ausstellung im Museum Kunstpalast – Düsseldorfs glänzender Beitrag zum Luther-Jahr. Bauen kann er auf die Expertise und weltweiten Kontakte des im Museum beheimateten Cranach Digital Archive (cda), das seit acht Jahren Bilder, Quellen, kunsthistorische und kunsttechnologische Forschungsergebnisse um Leben und Werk des 1472 im fränkischen Kronach geborenen Künstlers sammelt und für jeden frei zugänglich ins Netz stellt. Das einzigartige Recherchetool dokumentiert inzwischen 1600 Cranach-Werke weltweit.
Darunter jenes zur Vermählung gemalte Bildnis-Paar, das aus Basel nach Düsseldorf gekommen ist. Es zeigt Luther, als er seine Thesen längst angeschlagen und die Bibel übersetzt hatte. Ein weltberühmter Mann. Ob er es ohne Cranachs Hilfe so schnell so weit gebracht hätte? Man darf es bezweifeln. Denn kaum ein anderer Künstler wäre wohl in der Lage gewesen, Luthers Kopf und Ideen so publikumswirksam ins Bild zu setzen und so effizient zu verbreiten. Cranachs Wirken als Medienmanager der Reformation – nicht das einzige spannende Kapitel dieser Ausstellung, die natürlich nicht erst mit Luthers Hochzeit einsetzt.
Sie beginnt Anfang des 16. Jahrhunderts in Wien, damals das kulturelle Zentrum des Reiches, wo Cranach – 30-jährig – erstmals als Künstler fassbar wird. Wenige Gemälde und Holzschnitte belegen in Düsseldorf seine expressive Ader. Voran ein büßender Hieronymus: Cranach gestaltet das Geschehen als bewegten Akt der Selbstkasteiung in nordalpiner Waldlandschaft. In der Rechten hält der Heilige den Stein, mit dem er (…)
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MUSEUM KUNSTPALAST, DÜSSELDORF BIS 30. JULI 2017
TEL.: 0211/56642100, www.smkp.de