TEXT: ANDREAS WILINK
Das Kölner Festival widmet sich der Kunst der Montage, zu deren Qualitäten es gehört, dass je besser sie ist, desto weniger sie beim Anschauen eines Films unsere Wahrnehmung dominiert. Dazu eine kompetente, erfahrungssatte Position: »Für mich ist ein guter Schnitt, wenn ich ihn nicht bemerke. Wenn die Montage kaum wahrnehmbar ist, wenn sie den Erzählfluss perfekt herstellt und die Illusion unterstützt, dann wird sie im Grunde als selbstverständlich hingenommen. Darin sehe ich eigentlich die Essenz meiner Arbeit.«
Sagt Barbara von Weitershausen, die für ihr Gesamtwerk ausgezeichnete »Filmplus«-Preisträgerin. Sie hat sich in verschiedenen Genres bewährt, zuvörderst beim deutschen Autorenfilm, in Beziehungskomödien, Dokumentationen, Kinder- und Künstlerfilmen sowie bei Fernsehserien und Mehrteilern wie Heinrich Breloers »Buddenbrooks«-Adaption, der sie parallel auch das schnittige Kinoformat gab. »Einer der wenigen Vorteile von Waldorfschülern: keine Angst vor neuen Dingen«, sagt sie halbernst.
Die Filme von Wim Wenders, mit dem sie seit den frühen siebziger Jahren, seit »Der Scharlachrote Buchstabe« und »Alice in den Städten« gearbeitet hat, sähen womöglich anders aus oder hörten sich anders an, hätte die 1946 geborene Barbara von Weitershausen nicht Hand angelegt. Für viele, darunter zuletzt in den 1990er Jahren »Bis ans Ende der Welt« und »In weiter Ferne, so nah!« verantwortete sie den Tonschnitt: »Ton ist für mich ganz wichtig beim Film. Und während des Bildschnitts hat man ja immer auch recht klare Vorstellungen von der Tonebene. Wichtig ist nur, sich bei der Tonbesprechung gründlich darüber auszutauschen, damit die Vertonung am Ende ideal mit dem Rhythmus des Bildes harmoniert.«
Reinhard Hauff, Hans W. Geißendörfer, Helke Sander, Vadim Glowna, Rebecca Horn, Vivian Naefe sind einige der Regisseure, für die von Weitershausen insgesamt an die 80 Filme montiert hat. Häufig im Vertrauen auf den Künstler und seine Handschrift: »Wenn ich weiß, es handelt sich um ein interessantes Projekt mit Regisseuren, mit denen ich gerne arbeite, dann lese ich das Buch oft sogar überhaupt nicht. Ich lasse zunächst ausschließlich das Material sprechen. Das Material muss mir sagen können, wie die Szene funktioniert.«
Aus dem diesjährigen Gastland Dänemark wurde der Cutter Janus Billeskov Jansen eingeladen, der u.a. für Bille August (»Pelle, der Eroberer«, »Das Geisterhaus«, »Fräulein Smillas Gespür für Schnee«) gearbeitet hat, und am 25. Oktober im Filmforum seine Arbeit vorstellt; dazu läuft Thomas Vinterbergs Psycho-Drama »Die Jagd«.
Nominiert wurden für ihre Montage-Leistung Schnittkünstler von 15 Filmen in den Sparten Spielfilm, Doku, Kurzfilm; zu den Produktionen gehören u.a. der Passionsweg eines Jesus-Punks (»Tore tanzt«), das HeadHunter-Drama »Houston« und der Heimatfilm-Western »Das finstere Tal«, die jüdische Spurensuche »Schnee von Gestern«, die Dorf-Anti-romanze »Am Ende der Milchstraße« und die Banker-Betrachtung »Master of the Universe«.
24. bis 27. Oktober 2014, Köln; Off Broadway & Filmforum im Museum Ludwig; Eintrittskarten an den Tageskassen der Kinos; www.filmplus.de