TEXT: GUIDO FISCHER
Auch vierstimmige Klassiker hatte man dabei, als das quartet-lab 2012 im Dortmunder Konzerthaus seine Ensemblepremiere feierte. Auf dem Programm standen jeweils ein Streichquartett von Beethoven und Bartók. Doch auch über Volksmelodien wurde improvisiert, während der Abend mit einer fast taufrischen Quartettkomposition des Finnen Esa-Pekka Salonen begonnen wurde. Zwei Jahre später ist quartet-lab wieder zu Gast: die aus Moldawien stammende Violinistin Patricia Kopatchinskaja, der finnische Geigenkollege Pekka Kuusisto, an der Bratsche seine Landsmännin Lilli Maijala sowie am Cello der Niederländer Pieter Wispelwey.
Wieder haben die zwei Damen und zwei Herren ein wenig alltägliches Programm zusammengestellt. Charakterköpfe mit Neugier für alles, was sich fern der klassischen Gattungen und Konventionen tut. Vor einem frühen Beethoven-Quartett vergnügen sie sich mit Mozarts »Musikalischem Würfelspiel«. Eher kriegerische Züge tragen die Stücke des Barockkomponisten Heinrich Ignaz Biber und des Amerikaners George Crumb. Bei John Cages »Living Room Music« können, ja müssen Kopatchinskaja, Kuusisto, Maijala und Wispelwey ihre wertvollen Instrumente zur Seite legen und auf Alltagsgegenständen spielen.
Vierstimmige Experimente solcher Art sind ganz nach dem Geschmack der Musiker, weshalb der Name quartet-lab Programm ist: ein Laboratorium, um kammermusikalisch jenes abseitige Repertoire zu untersuchen, das jedes Mitglied seit jeher zudem solistisch erkundet. Zu Kuusistos Interessen gehören Jazz und die elektronische Musik. Maijala spannt neben ihrer Anstellung als Solo-Bratschistin beim Helsinki Philharmonic Orchestra den Bogen von der Barockmusik bis zur anspruchsvollen Neuen Musik. Während Wispelwey sich mit der historischen Aufführungspraxis so blendend auskennt wie mit der jüngsten Moderne, kommt bei Kopatchinskaja zum Spaß an Entdeckungen ihr Talent als Komponistin hinzu. Sie sei »für alle Ideen offen«, so die extrovertierte, energievolle Künstlerin, das stets barfuß konzertiert. Manchmal aber fühle sie sich »wie der ständige Restaurant-Besucher, der ab und zu Lust hat, selbst was zu kochen«. Dann tauscht sie das Instrument gegen Stift und Notenpapier, um für eine Kollegin wie die Cellistin Sol Gabetta zu schreiben.
Überhaupt ist Kopatchinskaja die wohl Umtriebigste im Quartett. Und die Prominenteste. Wenngleich man sich nur für ausgewählte Projekte treffen kann, ist das quartet-lab international sehr gefragt. Auf das Debüt in Dortmund folgten Einladungen nach London und Berlin, zu den Schwetzinger Festspielen und dem Bonner Beethoven-Fest. In der kommenden Saison gastiert die Gruppe erstmals im Wiener Konzerthaus und im Amsterdamer Concertgebouw. Egal wo, für die Arbeit und Stimmung im Team trifft ein Satz von Patricia Kopatchinskaja zu: »Wir provozieren und stimulieren uns und haben es sehr lustig«.
quartet-lab; Werke von Mozart, Biber, Beethoven, Cage u.a., 24. Oktober 2014, Konzerthaus Dortmund. www.konzerthaus-dortmund.de