TEXT: ALEXANDRA WACH
Zum sechsten Mal starten die Kölner und Düsseldorfer Galerien mit 52 Ausstellungen in die Herbstsaison. Unter den Neuzugängen findet sich Natalia Hug, die schon 2013 inoffiziell am Kölner Programm teilgenommen hatte. Die Kanadierin schlug Wurzeln in der Domstadt, nachdem ihr Mann Daniel Hug zum Direktor der Art Cologne gekürt worden war. Junge Künstler aus der Region sind seitdem ihr Spezialgebiet. Auch die Setareh Gallery aus Düsseldorf schließt sich dem etablierten Konzept einer Zwei-Städte-Lösung mit einer Schau von Memphis Schulze an. Die Debütanten schwören darauf, es mit einer Wiederentdeckung zu tun zu haben. Schließlich interessierte sich schon Sigmar Polke brennend für den 2008 verstorbenen Pop-Art-Künstler.
Die DC Open leistet sich diesmal mit 30 Limousinen nicht nur einen von einer Autofirma gesponserten Shuttle Service. Auch das »Collector’s Dinner« wechselt von der Langen Foundation zum Museum für ostasiatische Kunst. Die Veranstalter möchten das von Kunio Maekawa entworfene MOK, das als eines der repräsentativsten Baudenkmäler der klassischen Moderne in Köln gilt, nach seiner Renovierung unterstützen. Für diesen Standort spricht neben der zentralen Lage in der Verlängerung eines der Kölner Galerienviertel auch die schöne Terrasse am Aachener Weiher. Dort werden zur Feier der Großeröffnung asiatische Spezialitäten serviert – unter den rund 600 Gästen sind Sammlergrößen wie Julia Stoschek, Rainer Speck, Augustin Dufrasne, Harald Falckenberg, die Grässlins, Axel Haubrok oder Patrick Majerus.
Im Reigen der Parallel-Events in Museen und Institutionen lässt die Schau »Mapping the Gap« in der Langen Foundation aufhorchen: Sultan bin Mohamed Al-Qasimi, Emir von Sharjah, hat sich mit seiner Sammlung historischer Landkarten und Kalligrafien angekündigt. Und seine Tochter Sheika Hoor Al Qasimi, Direktorin der Sharjah Biennale, bietet einen Einblick in die zeitgenössische arabische Kunst. Sollte sich der Stellenwert der DC Open etwa bis in den Orient herumgesprochen haben?
Auf dem Kölner Spielfeld debütiert Yelena Popova bei Figge von Rosen. Die Tochter eines russischen Physikers hat am Royal College of Art in London Malerei studiert. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Mathematische Theoreme überführt sie in elliptische Kurven – gerade Linien fehlen in ihren transluzenten Abstraktionen gänzlich. Um »Farbe« kreist auch die Schau von Hanno Otten bei Foto-Spezialistin Priska Pasquer. Die Fotogramme des Künstlers kombinieren monochrome Flächen und sehen aus wie Mondrian im Digitalrausch. Konkurrenz bekommt Otten zum einen von Farbflächenmaler Richard Smith bei Gisela Capitain und zum anderen mit dem Quartett Kirstin Arndt, Michael Reiter, Janet Passehl und Charlotte Posenenske, das sich bei Thomas Rehbein zur Abwechslung des Themas »Schwarz« annimmt.
Bei Warhus Rittershaus verfolgt Kerstin Brätsch eine »Idee«. Die sieht wie das Porträt eines Flaschengeists aus und entpuppt sich beim näheren Hinsehen als mundgeblasenes Antikglas. In gebrochenes Glas hüllt auch der Pariser Bildhauer Baptiste Debombourg die junge Galerie KUK und bezieht sich dabei auf Marcel Duchamps Gemälde »Grande Verre« von 1915–1923.
Neugier weckt Thomas Zander, der entlang des Genres Landschaft auf eine zeitübergreifende Begegnung zwischen den Fotografien von Lee Friedlander (Jg. 1934) und den Zeichnungen von Pierre Bonnard (1867–1947) setzt. Damit nicht genug. Im zweiten Stock der Galerie locken limitierte Portfolios von Ikonen wie Walker Evans, Garry Winogrand, Manuel Álvarez Bravo und Friedlander, die er Anfang der 1970er Jahre bei der New Yorker Double Elephant Press herausgab. Gleich nebenan wartet Anke Schmidt mit einer europäischen Premiere auf. Die Galeristin hat Fotografien von Dickie Landry eingeflogen, die in die New Yorker Kunstwelt der 1970er eintauchen, darunter auch in eine sportliche Auseinandersetzung zwischen Bruce Nauman und Philip Glass.
In »Exteriors and Interiors« lädt Robert Polidori bei Karsten Greve ein. Der Fotokünstler machte mit Aufnahmen von Tschernobyl auf sich aufmerksam. Die neuen Raumporträts zeigen, was vom wuchernden Wachstum in indischen Slums oder brasilianischen Favelas übrig bleibt.
In Düsseldorf kündigt sich Jonathan Meese bei Sies & Höke mit seinem »Countdown K.U.N.S.T. (Die Geilstinvasion)« als neuer Galeriekünstler an. Seit Ende der 1990er hatte Contemporary Fine Arts in Berlin den Provokateur ohne Wimpernzucken vertreten. Seine justiziable Eskapade um die Hitlergruß-Performance mochte man dann aber wohl doch nicht mehr aussitzen. Neuerdings sind Sies & Höke Meeses Hauptvertretung in Deutschland.
Die Stunde Null läuten auch Beck und Eggeling ein. »Mack und seine Künstlerfreunde« heißt ihre Schau, die einen Vorgeschmack auf die große ZERO-Herbstausstellung im Guggenheim Museum in New York gibt. Cosar HMT verschickt schon mal in die surrealen Foto-Landschaften von Los Angeles, die Glen Rubsamen durch seinen »Clear Channel« gesendet hat.
Im Kunstkiez Flingern überrascht Daniela Steinfeld von Van Horn mit einer Zweitgründung. In ihren regulären Räumen zeigt sie zum ersten Mal im Rheinland den Puertoricaner José Lerma, der sich mit seinen kunstvoll vollgekritzelten Teppicharbeiten eine Namen gemacht hat. Parallel eröffnet sie gemeinsam mit Jan-Holger Arndt die Van Horn Society in dem Surfer-Laden Langbrett® mit einem seltenen Auftritt der Pionierin der Pin-Up Fotografie Bunny Yeager. Die wenige Schritte entfernten Kadel und Willborn punkten mit einer Solo-Schau von Matthias Bitzer, der mit seinen geometrisch gebrochenen Künstlerpor-träts des Dichters Fernando Pessoa oder der Dada-Mitbegründerin Emmy Ball-Hennings einen »Collapse of Features« prophezeit.
Während Hans Mayer mit dem Kölner C.O. Paeffgen, Spezialist für mit Filzstift nachgezogene Konturen von Fotos, für Lokalkolorit sorgt, begibt sich sein Filius Max Mayer auf rutschiges Terrain. Der 31-Jährige, der wie Kadel und Willborn zu den aufsteigenden Junggaleristen gehört, arrangiert eine pornografisch angehauchte Kooperation zwischen Nicolás Guagnini und Leigh Ledare, die den nie geklärten Vorwurf aufgreift, der Minimal-Künstler Carl Andre habe seine Frau Ana Mendieta aus dem Fenster in den Tod gestoßen. Ein Künstlerpaardrama, das durch Ausstellungen der beiden in Salzburg und den USA nach fast 30 Jahren gerade neu befeuert wird.
DC OPEN, Vernissage-Wochenende in Kölner und Düsseldorfer Galerien am 5., 6., 7. September 2014. Die an diesem Wochenende eröffneten Ausstellungen haben danach unterschiedliche Laufzeiten. www.dc-open.de